Save the Date: 10. - 11. Juni
Bühne einer Themensession auf dem BDEW Kongress mit 5 Diskutanten und einer Moderatorin

Rückblick

Partnerinterviews 2025

Lesen Sie hier, was unsere Partner im Vorhinein des BDEW Kongress 2025 bewegt hat.

Christian Hille

Dr. Christian Hille

Managing Director, Accenture

Was sind die größten Herausforderungen für einen effizienten und effektive Netzbetrieb 4.0?

Der „Netzbetrieb 4.0“ setzt verstärkt auf eine Digitalisierung aller relevanten Prozesse, um Effizienz und Effektivität zu erhöhen.

Dies geht von besserer Beobachtbarkeit in allen Netzebenen, über optimiertes Engpass- und Flexibilitätsmanagement bis hin zur Instandhaltung und dem optimierten Einsatz der Mitarbeitenden im Feld (Stichwort „Connected Worker“). Die Herausforderungen sind hier sicherlich vielfältig, darum benenne ich einige Aspekte nur beispielhaft, um die Dimensionen aufzuzeigen.

Wir können in vielen Fällen sicherlich sagen, dass der fehlende flächendeckende Smart-Meter Rollout eine große Herausforderung ist, da dieser die Grundlage für viele zukünftige digitalisierte Prozesse ist. Dies betrifft nicht nur die Abrechnung von Einspeisern und Lasten, sondern auch deren Einsatz im Flexibilitätsmanagement. Um letzteres inkl. des §14a zu ermöglichen, bedarf es aber auch komplett neuer Leitsysteme und Steuerungsalgorithmen. Hier bewegen wir uns deutlich im Big Data Bereich. Die Themen rund um Drohnen, „Connected Worker“ etc. bedürfen hingegen auch eine stabile drahtlose Kommunikationsanbindung, welche sich in Teilen noch im Aufbau befindet. Dies sind nur einige Beispiele. Weitere Herausforderung sind z.B. das Finden von gut ausgebildeten Mitarbeitende sowie die Bereitschaft für Veränderungen im eigenen Unternehmen hoch zu halten.



Sind alle Netzbetreiber ausreichend auf die kommenden digitalen Anforderungen vorbereitet?

Ich sehe, dass sich viele der Herausforderungen bewusst sind. Die Lösungsoptionen unterscheiden sich aber sicherlich in vielen Fällen. Problematisch ist häufig, dass es noch nicht für jede Herausforderung eine fertige Lösung am Markt gibt, die auch noch schnell und problemlos bei jedem Netzbetreiber einsetzbar ist. Wenn es Lösungen kleinerer Anbieter sind, sind diese häufig innovativer, aber es fehlt dann an der Umsetzungskraft in der Fläche. Wenn es große Anbieter sind, ist eine spezielle Lösung für Deutschland noch nicht verfügbar oder gesamte Technologiebereiche befinden sich noch in der Entwicklung.

Größere Netzbetreiber sind sicherlich besser in der Lage, mit eigener Kraft und Partnerschaften voran zu schreiten. Dies fällt kleineren Stadtwerken schwerer, weshalb eine Bündelung von Aktivitäten in Verbünden sicherlich sinnvoll ist. Ich denke aber in Summe nicht, dass ein zu spezifischer Weg für Deutschland in Europa die Geschwindigkeit erhöhen oder die Herausforderungen reduzieren wird.



Welche Rolle wird die Nutzung von Flexibilitäten beim Netzbetrieb 4.0 spielen?

Flexibilitäten und deren Management sind in Deutschland und Europa ein sehr wichtiges Thema. Die Diskussionen zu deren Einsatz im Netzbetrieb bzw. im Markt sind hier ebenso vielfältig, wie die technologische Lösungslandschaft. Wie gesagt, mit dem zögerlichen Smart Metering in Deutschland haben wir uns sicherlich keinen Gefallen getan, um eine treibende Kraft im technologischen Bereich sein zu können, obwohl unser Energiesystem bereits aktuell das größte Potential bieten würde.

Mit dem §14a sind wir ja bereits einen Schritt in Richtung des Einsatzes im Netzbetrieb gegangen und ich bin sicher, dass Flexibilität weiterhin eine relevante Rolle spielen wird. Dies lässt sich simpel damit begründen, dass ein Netzbetrieb 4.0 alle Optionen für einen effektiven Netzbetrieb nutzen kann und dort, wo Engpässe bestehen, müssen sie ja behoben werden. Ich gehe aber ebenso davon aus, dass auch ein verstärkter marktbasierte Einsatz erfolgen wird, da wir nicht nur lokale Netzengpässe mit der Lösung adressieren werden können.

Daniele Spinella

Daniele Spinella

Senior Manager, PwC Deutschland

Welche Funktionen werden die unterschiedlichen Speicherarten in den kommenden 5 bis 15 Jahren übernehmen können?

Speicherlösungen spielen eine kritische Rolle bei der kurzfristigen Stabilisierung des Stromnetzes. Sie sind besonders wichtig, um Netzknappheiten im Winter und Überschüsse im Sommer auszugleichen, und übernehmen somit einige Funktionen der alten fossilen Kraftwerke. Zukünftig wird ihre Bedeutung als netzdienliche Anwendung zur Lösung von Engpässen im alltäglichen Betrieb kontinuierlich steigen. Darüber hinaus gewinnen dezentrale, kleinere Batteriespeicher, die zentral gesteuert werden, eine größere Bedeutung. Diese können als dezentrales Kraftwerk fungieren und so zur Netzstabilität beitragen. 

Mit sinkenden Investitionskosten und technologischen Verbesserungen werden Batteriespeicher langfristig als wertvoller Teil der Energiewende angesehen. Ihre Einsatzdauer wird sich durch Innovation auf bis zu 12 Stunden verlängern.

Wo muss die neue Regierung noch nachsteuern, damit Speicher ihre Rolle voll erfüllen können?

Um sicherzustellen, dass Speicher ihre Rolle im Energiesystem erfüllen können, müssen mehrere Maßnahmen ergriffen werden. Erstens ist eine klare Roadmap zur Planung und Regelung der Förderungen für Speicher erforderlich. Dies umfasst ebenfalls die Schaffung eines Kapazitätsmarktes und die Regelung der Netzentgelte. Eine solche Roadmap würde beispielsweise Investoren und Betreibern von Batteriespeichern die notwendige Sicherheit und Orientierung bieten.

Zweitens muss ein regulatorischer Rahmen eingeführt werden, der die Regelung und Vergütung von netzdienlichen Anwendungen umfasst. Dies würde sicherstellen, dass Speicher für ihre Beiträge zur Netzstabilität und zur Lösung von Engpässen angemessen vergütet werden. Ein solche Regelung würde die wirtschaftliche Attraktivität von Speichern erhöhen und ihre Integration in das Energiesystem fördern.

Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Strom-, Gas- und H2-Speicher für eine erfolgreiche Energiewende“ entschieden?

Speicherlösungen nehmen eine höchste relevante Rolle in der Energiewende ein, denn sie sind der perfekte Partner für die Erzeugung mit PV und Wind. Batteriespeicher sind ideal zur Lösung von kurzfristigen Schwankungen, diese reichen von Sekunden über Minuten bis zu mehreren Stunden. Gas- und perspektivisch Wasserstoffspeicher hingegen sind hervorragend geeignet, um den saisonalen Bedarf zu managen, also die Unterschiede zwischen Sommer und Winter auszugleichen.

Darüber hinaus sind Batteriespeicher unerlässlich, um die benötigte Menge an grünem Wasserstoff gemäß der bestehenden Regulatorik zu erzeugen. Die Kombination dieser Speichertechnologien bringt sowohl kurzfristig als auch langfristig Vorteile, da sie eine flexible und nachhaltige Lösung für die Herausforderungen der Energiewende bieten.

Jens Müller-Belau

Jens Müller-Belau

Geschäftsführer Energiewende, Shell

Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „CCS: Wie kommt Deutschland aus den Startblöcken?“ entschieden?

Deutschland muss den guten Worten nun Taten folgen lassen und die Regulatorik festlegen und der CO2-intensiven Industrie Planungssicherheit geben. Die Politik hat sich der Erkenntnis lange verschlossen, aber letzthin doch anerkannt, dass ambitionierte Klimaziele ohne Einfangen bzw. Abscheiden und Speichern von CO2 (Carbon Capture & Storage - CCS) auch hierzulande nicht erreichbar sein werden. Damit hinkt Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie etwa Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen oder auch Dänemark etwas hinterher. Wir können und sollten dabei helfen, diese Lücke zu schließen. Shell ist weltweit in diversen Projekten involviert, die CCS-Technologien erfolgreich einsetzen und an ihrer Weiterentwicklung forschen. In Europa arbeitet Shell an CCS-Projekten in Großbritannien, Norwegen und den Niederlanden sowie CO2-Infrastruktur wie das länderübergreifende Delta Rhine Corridor Projekt in Partnerschaft mit dem Hafen Rotterdam und anderen Unternehmen.

Welche Maßnahmen sollten für einen schnellen Aufbau einer CO2-Wertschöpfungskette vorrangig umgesetzt werden? 

Deutschland hat bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung und Umsetzung seiner Carbon Management Strategie gemacht. Die Bundesregierung hat die Eckpunkte dieser Strategie beschlossen. Es beginnt bei der Ratifizierung des London Protokolls und es wurden Änderungen am Kohlendioxidspeicherungsgesetz vorgeschlagen, um den Transport und die Offshore-Speicherung von CO2 zu erleichtern. Dabei sollten Synergien zwischen Wasserstoff- und CO2 -Leitungen genutzt werden, um Zeit und Ressourcen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren zu sparen. Auch die Anerkennung des überragenden öffentlichen Interesses für die Entwicklung von Transport- und Speicherinfrastrukturen ist unerlässlich.  Das muss nun zügig umgesetzt werden.

Welche Rahmenbedingungen werden für den Aufbau einer wirtschaftlich betreibbaren Wertschöpfungskette benötigt?

Die neue Bundesregierung sollte neben der rechtlichen Ermöglichung und klaren Richtlinien auch Anreize für Unternehmen schaffen und die Anwendbarkeit zumindest in der Anfangsphase nicht allzu eng fassen, um Skaleneffekte zu ermöglichen. Die Implementierung neuer Technologien zur Reduktion von CO2-Emissionen erfordert erhebliche finanzielle Investitionen. Viele Unternehmen zögern, diese Kosten zu tragen, obwohl langfristige Vorteile bestehen. Das gilt für alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette – also nicht nur CCS-Service- und Infrastrukturanbieter, sondern auch und ganz besonders für CO2-Emittenten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und ihren Lieferanten ist zudem entscheidend, um klimarelevante Daten zu teilen und gemeinsame Reduktionsstrategien zu entwickeln. Das fördert die Transparenz und Effizienz in der gesamten Wertschöpfungskette. 

Niklas Wiegand

Niklas Wiegand

Geschäftsführer, ENGIE Deutschland

Wo liegen aus Sicht von ENGIE die größten Knackpunkte bei der Wärmeplanung?

Die Energiewende findet vor Ort statt, und in jeder Stadt, Kommune und Gemeinde muss die Energieversorgung neu gedacht und gestaltet werden, angepasst an lokale Gegebenheiten. Die notwendigen technischen Innovationen sind herausfordernd, aber beherrschbar. Viel erfolgskritischer ist das komplexe Zusammenbringen aller Akteure vor Ort. Wichtig ist demzufolge ein umfassendes Stakeholder-Management, bei dem unterschiedliche Anforderungen und Ziele harmonisiert sowie politische Vorstellungen und wirtschaftliche Machbarkeit in Einklang gebracht werden müssen.

Was sollte bereits im Vorfeld für eine strukturierte Umsetzung beachtet werden?

Eine umfassende Analyse der lokalen Gegebenheiten und eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen sind entscheidend für eine strukturierte Umsetzung. Die Wärmeplanung ist nicht völlig losgelöst zu betrachten. Es kann Rückkoppelungen auf die Gasversorgung oder bei Eigenerzeugung auf die lokale Stromversorgung geben. Der Investitionsbedarf für den Aus- und Umbau der Infrastruktur ist in vielen Kommunen sehr hoch. Teilweise sind die Netzbetreiber aufgefordert, zunächst in die Verstärkung des Stromnetzes zu investieren und eine umfassende Wärmeplanung kommt gegebenenfalls zeitlich und prioritär nachgelagert. Die große Investitionswelle im Wärmebereich wird voraussichtlich erst ab 2030 einsetzen, aber es ist ratsam, in Anbetracht des langen zeitlichen Vorlaufs bis zur Umsetzung schon heute mit der konzeptionellen Planung zu beginnen. Kooperationen können helfen, zusätzliche Investitionsmittel zu sichern, aber auch die Kreativität für die technische Konzeption und Umsetzung zu finden.

Welche Ressourcen werden benötigt und wie können Kooperationen dabei hilfreich sein?

Für die erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende sind neben finanziellen Mitteln auch technische Expertise und qualifiziertes Personal für die Projektumsetzung erforderlich. Geldgeber zu finden, dürfte fast die einfachste Aufgabe sein. Wenn die Wärmewende überall in die Umsetzung kommt, wird es aber auch darum gehen, die richtigen Kompetenzen für die Auswahl neuer Technologieansätze und auch die Zugriffsmöglichkeit auf ausreichende Kapazitäten von Material und Arbeitsleistung zu finden. Das ist in einem immer enger werdenden Handwerksmarkt nicht selbstverständlich. Nicht unterschätzt werden sollte auch die Fähigkeit, flexibel, kreativ und mutig auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Wir haben Projekte, die in drei Jahren schon dreimal aufgrund geänderter Rahmenbedingungen angepasst werden mussten. Kompetenzen miteinander zu teilen, kann helfen, dass wir alle miteinander die Energiewende schaffen und auch in unsicheren Zeiten die richtigen unternehmerische Entscheidungen treffen.

Renate Hermanns

Renate Hermanns

Head of Marketing Europe, Volue

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „Mit lokalen Flexibilitäten vom Heute zum Morgen“ entschieden?

Volue ist überzeugt, dass lokale Flexibilitäten eine Schlüsselrolle für die erfolgreiche Energiewende spielen. Die Integration erneuerbarer Energien, volatile Einspeisung und steigende Anforderungen an Netzstabilität verlangen nach innovativen Lösungen, die Flexibilität auf lokaler Ebene nutzbar machen.

Als Partner in diesem Bereich bringen wir unsere umfassende Expertise in der Optimierung und dem Management von Flexibilitäten ein. Unsere digitalen Plattformen und intelligenten Algorithmen helfen dabei, verfügbare Flexibilitäten effizient zu identifizieren, zu bewerten und wirtschaftlich zu nutzen – und damit die Brücke vom heutigen Energiesystem zu einem nachhaltigen, dezentralen Energiesystem von morgen zu schlagen.

Wie lassen sich Flexibilitäten bewerten und bewirtschaften?

Flexibilitäten lassen sich auf mehreren Ebenen bewerten:

  1. Technische Bewertung: Hier geht es darum, die physische Fähigkeit eines Systems oder Assets zu analysieren, flexibel auf Netzanforderungen zu reagieren. Unsere Lösungen helfen dabei, das technische Potenzial präzise zu erfassen.
  2. Wirtschaftliche Bewertung: Flexibilitäten müssen auch wirtschaftlich sinnvoll sein. Unsere Plattformen unterstützen die Optimierung von Einsatzstrategien, sodass Flexibilitäten gewinnbringend vermarktet werden können – beispielsweise über Spot- oder Regelenergiemärkte.
  3. Regulatorische Bewertung: Wir helfen Kunden dabei, regulatorische Rahmenbedingungen einzuhalten und gleichzeitig Chancen zu nutzen, die sich aus Marktveränderungen ergeben.

Die Bewirtschaftung erfolgt über automatisierte und intelligente Systeme, die in Echtzeit Daten auswerten, Prognosen erstellen und Optimierungsvorschläge liefern. So lassen sich Flexibilitäten nicht nur identifizieren, sondern auch effizient steuern und vermarkten.

Worin bestehen die größten wirtschaftlichen, technischen und regulatorischen Herausforderungen?

  • Wirtschaftlich: Der größte wirtschaftliche Hebel liegt darin, Flexibilitäten optimal zu vermarkten. Die Herausforderung besteht in der Volatilität der Energiemärkte und der Unsicherheit bei Preismodellen. Volue bietet hierfür Lösungen, die Risiken minimieren und Einnahmen maximieren.
  • Technisch: Die Integration unterschiedlicher Datenquellen und die Steuerung diverser Anlagen sind komplex. Zudem erfordert die Echtzeit-Bewirtschaftung leistungsfähige und skalierbare Systeme – eine Herausforderung, die Volue mit seiner technologischen Plattform adressiert.
  • Regulatorisch: Unterschiedliche nationale Vorschriften und europäische Rahmenbedingungen machen das Flexibilitätsmanagement anspruchsvoll. Wir unterstützen unsere Partner dabei, sich im regulatorischen Umfeld sicher zu bewegen und rechtliche Chancen proaktiv zu nutzen.
Sören Patzack

Dr. Sören Patzack

Partner Digitalisierung, BET Consulting

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „Fit für morgen: KI, Daten und digitale Prozesse“ entschieden?

Wir haben uns bewusst für dieses Thema entschieden, da die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz enorme Chancen für die Energiewirtschaft bietet. Insbesondere große Sprachmodelle und multimodale Systeme revolutionieren die Art und Weise, wie Prozesse optimiert werden können – von der Analyse großer Datenmengen bis hin zur Automatisierung komplexer Abläufe. Diese innovativen Technologien ermöglichen es, energiewirtschaftliche Prozesse effizienter zu gestalten. Eine frühzeitige, strategische und partnerschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungen ist daher essenziell. In unserer Session möchten wir Impulse geben, wie Energieversorgungsunternehmen Künstliche Intelligenz gezielt nutzen kann.

Welche Rolle werden digitale Prozesse für die Umsetzung einer dekarbonisierten Energiewelt spielen?

Digitale Prozesse sind längst kein Nice-to-Have mehr, sondern eine unverzichtbare Gelingbedingung für die erfolgreiche Transformation des Energiesystems. Um Erneuerbare Energien ins Netz zu integrieren sowie die Verkehrs- und Wärmewende zu schaffen, müssen wir bestehende und analoge Prozesse mit einer Vielzahl an Systembrüchen digitalisieren und so massengeschäftstauglich ausgestalten. Und digitale Prozesse benötigen Daten in einer anderen Qualität als früher. Vollständig, konsistent, aktuell und nachvollziehbar - Data Governance nimmt einen hohen Stellenwert ein. Das Energieversorgungsunternehmen wird zum Datenunternehmen.

Was sind zurzeit in diesem Bereich die größten Herausforderungen für Energieunternehmen?

Natürlich ist es für Energieversorgungsunternehmen eine Herausforderung den schnellen technologischen Wandel mitzugehen, der einen kontinuierlichen Innovationsdruck erzeugt. Um nicht den Anschluss zu verlieren, müssen Unternehmen sich rasch an neue, digitale Technologien anpassen. Das fordert die Mitarbeitenden und die gesamte Organisation massiv. Zudem erfordert die Integration moderner digitaler Prozesse in historisch gewachsene Infrastrukturen umfangreiche Umstrukturierungen und erhebliche Investitionen. Schlussendlich ist es jedoch am wichtigsten, an den richtigen Stellen anzufangen. Bei Künstlicher Intelligenz heißt das beispielsweise, mit Anwendungsfällen zu starten, die umsetzbar und wirtschaftlich sind, aber auch von den Mitarbeitenden gewünscht sind. Digitale Transformation lässt sich nicht von außen aufzwingen – sie muss in der Kultur des Unternehmens wachsen.

Detlef Hug

Dr. Detlef Hug

Leiter Öffentlichkeitsarbeit, Thüga

Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Kooperative Lösungen für Stadtwerke“ entschieden?

Als Thüga glauben wir fest daran, dass Zusammenarbeit DER Schlüssel zur Bewältigung der komplexen Herausforderungen bei der Energie- und Wärmewende ist. Insbesondere für kleinere und mittelgroße Energieversorger bringen kooperative Lösungen viele Vorteile: Damit können Stadtwerke ihre Stärken bündeln, Synergien nutzen und innovative Projekte effizienter umsetzen. Dies ist seit vielen Jahren gelebte Praxis in der Thüga-Gruppe: Unter dem Motto “Besser gemeinsam. Gemeinsam besser!” entwickeln die Thüga-Partnerunternehmen erfolgreich zukunftsorientierte Energielösungen und setzen innovative Projekte effizient und nachhaltig um.

Worin liegen – neben der Finanzierung – die größten Herausforderungen für Stadtwerke?

Neben der Finanzierung stehen Stadtwerke vor mehreren bedeutenden Herausforderungen. Dazu gehören u.a. die Umsetzung der Energie- und Wärmewende, die Digitalisierung und der Fachkräftemangel. Die Digitalisierung erfordert erhebliche Investitionen in neue Technologien und Prozesse. Der Fachkräftemangel erschwert es, qualifiziertes Personal zu finden und zu halten. Zudem müssen Stadtwerke ihre Infrastruktur und Dienstleistungen an die Anforderungen der Energiewende anpassen. Das erfordert per se viel Engagement und Flexibilität und kann über das operative Geschäft hinaus die Anpassung von Strategien und Geschäftsmodellen erforderlich machen.

Welche Lösungsansätze – Stichwort Kooperationen – gibt es für kleinere und mittlere Unternehmen?

Kooperationen bieten kleinen und mittleren Unternehmen vielfältige Vorteile. Skaleneffekte und Synergien entstehen vor allem beim Einkauf, der Energiebeschaffung, dem Regulierungsmanagement, dem Ladesäulenbetrieb, der kommunalen Wärmeplanung sowie im Recruiting und der Ausbildung. Themengetriebene Partnerschaften mit anderen Unternehmen oder Startups ermöglichen zudem den Zugang zu neuen Produkten und Märkten. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit in Innovations- und Technologietransferprojekten, bei denen Unternehmen Ressourcen bündeln, um gemeinsame Herausforderungen zu lösen.

In unserer Themensession beim BDEW Kongress stellen wir verschiedene kooperative Lösungen vor und diskutieren, welche Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit entscheidend sind und was die Energiebranche voneinander lernen kann.

Andreas Schwenzer

Andreas Schwenzer

Partner Energy & Climate Change, Advyce & Company

Was sind die größten Auslöser für Veränderungen bei Beschaffung und Vertrieb?

Die Großhandelspreise für Strom und Gas sind weiter volatil und historisch gesehen sehr hoch. Dies führt dazu, dass Abweichungen in der Mengenplanung starke wirtschaftliche Konsequenzen haben. Durch die Volatilität der Großhandelspreise haben auch die Schwankungen der Endkundenpreise zugenommen. Hierdurch steigen Wechselanreize für Endkunden.

Welche Rolle spielen „neue“ Risiken und der Umgang mit diesen?

Wir sehen in Beschaffung und Vertrieb keine grundsätzlich neuen Risiken. Allerdings führen gestiegene Unsicherheiten dazu, dass mögliche Schäden deutlich höher sind als in der Vergangenheit. In Summe führt dies dazu, dass Risiken und Portfolios kleinteiliger überwacht werden müssen und auch die Häufigkeit notwendiger Adjustierungen deutlich zugenommen hat.

Welche konzeptionellen Herausforderungen entstehen für EVU durch veränderte Verbrauchs- und Mengenentwicklungen?

Während es in der Vergangenheit oft ausreichend war, Verbrauchs- und Mengenentwicklungen aus Portfoliosicht grob abzuschätzen, ist es heute notwendig, hier deutlich differenzierter und stärker Datengetrieben vorzugehen. So sind beispielsweise Kündigungswahrscheinlichkeiten gemäß unterschiedlichen Charakteristika von Kunden abzuleiten und die Wahrscheinlichkeit künftiger Verbrauchsveränderungen durch Erzeugung (z. B. PV-Anlagen) oder Verbrauch (z. B. E-Mobilität) bei der Mengenplanung zu berücksichtigen.

Andreas Schwenzer

Andreas Schwenzer

Partner Energy & Climate Change, Advyce & Company

Was sind die größten Auslöser für Veränderungen bei Beschaffung und Vertrieb?

Die Großhandelspreise für Strom und Gas sind weiter volatil und historisch gesehen sehr hoch. Dies führt dazu, dass Abweichungen in der Mengenplanung starke wirtschaftliche Konsequenzen haben. Durch die Volatilität der Großhandelspreise haben auch die Schwankungen der Endkundenpreise zugenommen. Hierdurch steigen Wechselanreize für Endkunden.

Welche Rolle spielen „neue“ Risiken und der Umgang mit diesen?

Wir sehen in Beschaffung und Vertrieb keine grundsätzlich neuen Risiken. Allerdings führen gestiegene Unsicherheiten dazu, dass mögliche Schäden deutlich höher sind als in der Vergangenheit. In Summe führt dies dazu, dass Risiken und Portfolios kleinteiliger überwacht werden müssen und auch die Häufigkeit notwendiger Adjustierungen deutlich zugenommen hat.

Welche konzeptionellen Herausforderungen entstehen für EVU durch veränderte Verbrauchs- und Mengenentwicklungen?

Während es in der Vergangenheit oft ausreichend war, Verbrauchs- und Mengenentwicklungen aus Portfoliosicht grob abzuschätzen, ist es heute notwendig, hier deutlich differenzierter und stärker Datengetrieben vorzugehen. So sind beispielsweise Kündigungswahrscheinlichkeiten gemäß unterschiedlichen Charakteristika von Kunden abzuleiten und die Wahrscheinlichkeit künftiger Verbrauchsveränderungen durch Erzeugung (z. B. PV-Anlagen) oder Verbrauch (z. B. E-Mobilität) bei der Mengenplanung zu berücksichtigen.

Kamil Korotkiewicz

Dr.-Ing. Kamil Korotkiewicz

Produktmanager, PSI Software

Warum haben Sie sich für eine Session zum Thema „Sicher, sauber, digital - das Stromnetz von morgen“ entschieden?

Der Netzbetrieb steckt bereits mitten in einem tiefgreifenden Wandel: Dezentralisierung, volatile Einspeisung, neue Marktrollen und der Hochlauf der Elektrifizierung verändern die Spielregeln grundlegend. Mit unserem Lösungsportfolio verbinden wir modernste Technologien mit langjähriger Erfahrung in der Netzleittechnik und denken den Netzbetrieb konsequent ganzheitlich: von energiewirtschaftlichen Anforderungen bis zu operativen Prozessen im Feld.

Wir unterstützen Verteilnetzbetreiber dabei, Digitalisierung und Automatisierung gezielt umzusetzen – mit dem klaren Ziel, den Netzbetrieb in der Niederspannung effizient, nachhaltig und wirtschaftlich zu gestalten. Dabei geht es nicht nur um Technologie, sondern um ein Umdenken im gesamten System, insbesondere um zukunftssicher zu bleiben.

Die Session ist für uns eine wertvolle Gelegenheit, gemeinsam mit anderen Akteuren praxisnahe Lösungen zu diskutieren und konkrete Ansätze sichtbar zu machen. 

Denn echte Innovation zeigt sich nicht in Visionen – sondern in der Umsetzung.

Wo und wie kann die Digitalisierung von Netzen von Vorteil sein?

Digitalisierung ist der Schlüssel, um Transparenz, Effizienz und Steuerbarkeit in zunehmend komplexen Netzen sicherzustellen. Die Geschwindigkeit und Komplexität aktueller Transformationsprozesse (etwa durch das GNDEW) fordern Netzbetreiber stark heraus und machen deutlich: Ohne digitale Infrastruktur und Big-Data-Fähigkeit geht es nicht mehr. 

Im Zentrum steht dabei der digitale Zwilling des Niederspannungsnetzes. Er wird zur unverzichtbaren Grundlage: Vom Netzanschlussgesuch, über die netzorientierte Steuerung (gem. § 14a EnWG) bis hin zur Zielnetzplanung – Anwendungsfälle, für die Plandaten und belastbare, rechenfähige Stammdaten allein teilweise schon heute nicht mehr ausreichen. Live-Daten und Echtzeitfähigkeit gewinnen zunehmend an Relevanz. So wird der digitale Zwilling nicht nur zur Voraussetzung für gesetzliche Anforderungen, sondern zugleich zum Booster für klassische Prozesse – etwa bei der Integration von Live-Daten aus der Netzführung in die Netzplanung.

Auch im operativen Netzservice entstehen klare Mehrwerte, zum Beispiel durch digitales Schaltmanagement. Wo früher dokumentbasierte Workflows und Dateninseln dominierten, ermöglichen durchgängige digitale Prozesse heute bessere Synchronisation, weniger Fehleranfälligkeit und geringere Kosten.

Der eigentliche Hebel der Digitalisierung liegt dabei in einer cleveren prozessualen und technologischen Verzahnung von Netzplanung, Netzführung und Netzservice. 

Kurzum: Digitalisierung ist nicht nur Technologie – sie ist ein Mindset.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Flexibilitäten „im“ Netz erschließen zu können?

Die wichtigste Voraussetzung ist Transparenz: Nur mit aktuellen, qualitativ hochwertigen Netzdaten lassen sich Flexibilitäten erkennen, bewerten und gezielt aktivieren. Auch künftige Anwendungen mit künstlicher Intelligenz können nur so gut sein, wie die zugrundeliegenden Daten. Synthetische oder isolierte Datensätze reichen hier nicht aus. 

Doch Daten allein genügen natürlich nicht. Es braucht eine leistungsfähige digitale Infrastruktur mit standardisierten, sicheren Kommunikationswegen und Schnittstellen zur Integration flexibler Steuerungslogiken sowie eine Systemarchitektur, die das Mengengerüst beherrscht – Stichwort: Massendatenfähigkeit.

Ein zentraler Baustein dafür ist eine offene Connectivity-Plattform, die sowohl Datenströme als auch unterschiedliche Softwarekomponenten sicher integriert. Wir setzen hier etwa auf verteilte Event-Streaming-Technologien, die nicht nur Big-Data-Verarbeitung in Echtzeit ermöglichen, sondern auch neue, dynamische Kommunikationsmuster schaffen – und das bei gleichzeitiger Anbindung an klassische Netzleittechnik innerhalb der kritischen Infrastruktur. So entsteht echte Interoperabilität zwischen Systemen und Akteuren. Ein entscheidender Schritt, um alle Marktteilnehmer sicher und skalierbar in eine moderne Systemlandschaft einzubinden.

Und nicht zuletzt: Ein regulatorischer Rahmen, der Technologieeinsatz und Innovation fördert. Für ein wirksames (und „echtes“) Flexibilitätsmanagement brauchen Netzbetreiber Instrumente, die moderne Technologien und Ansätze zulassen. Paragraf 14a EnWG erfüllt in seiner aktuellen Form eher die Funktion einer Notbremse – Netzbetrieb der Zukunft funktioniert vorausschauend, dynamisch und skalierbar.

Torben Schuster

Torben Schuster

Head of Energy Transition & Utilities, Capgemini Invent

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „Vertrieb von morgen – Wege zum Kunden 2030“ entschieden?

Auch wenn der Ausbau der Smart Meter viel zu langsam geht, er kommt. Und damit kommt der „Data moment“ für die Vertriebe. Mit anderen Worten, die Daten und Informationen, die Vertriebe über KundInnnen erhalten, zu steuerbaren Lasten, Endgeräten und damit auch Lebensgewohnheiten sind plötzlich da, können genutzt, müssen aber auch effizient verarbeitet werden. Hier können nur Versorger bestehen, die hieraus größtmöglichen Nutzen ziehen, neue Services entwickeln und diese über entsprechende Kanäle auch zu den KundInnen bringen.

Wie wird sich die Kundenansprache im Laufe der nächsten Jahre verändern?

Wir sehen hier eine ähnliche Entwicklung wie im Bankenbereich. Auch die Vor-Ort-Banken mussten sich digitalen Angeboten der Direktbanken stellen und haben das mit einer Omnikanalpräsenz beantwortet. Das bedeutet, wo immer möglich eine digitale Angebotsstrecke, vollautomatisiert oder KI/ agentenunterstützt. Aber wo nötig, von KundInnen nachgefragt und bezahlt unterstützt von einem physischen Angebot, gerade bei komplexeren und erklärungsbedürftigen Serviceangeboten. Diesen Weg müssen auch Energievertriebe konsequent gehen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Wie kann der Vertrieb der Zukunft „digital“ unterstützt werden?

Hier sehen wir zwei zentrale Komponenten. Zum einen den bereits angesprochenen end-to-end digitalisierten und  agentenunterstützen Service. Daneben werden Daten, deren Auswertung, aber auch deren Management eine überragende Rolle in den Vertrieben einnehmen. Das reicht von der GenAI-basierten Produktentwicklung, dynamische und KI-gesteuerten Marketingkampagnen bis hin zur  automatischen Klärfallbearbeitung durch GenAI.

Alexander Junge

Alexander Junge

Mitglied des Vorstands, Aral

Welche sind die größten Hürden für den Ausbau der Ladeinfrastruktur?

Als zweitgrößter Anbieter von Schnellladeinfrastruktur in Deutschland steht Aral pulse vor erheblichen strukturellen Herausforderungen beim Ausbau eines flächendeckenden Ladenetzes. Insbesondere die fehlende Baugenehmigungsfreiheit für Trafostationen – obwohl die Bundesregierung die Länder im Masterplan Ladeinfrastruktur II dazu aufgerufen hat - sowie die uneinheitlichen technischen Vorgaben der Netzbetreiber erschweren eine zügige und planungssichere Umsetzung von Ladeinfrastrukturprojekten. Darüber hinaus wirken sich komplexe, oft intransparente Prozesse beim Netzanschluss hemmend auf den Ausbau aus. Diese Probleme sind maßgeblich auf die unzureichende Harmonisierung regulatorischer Rahmenbedingungen auf Landes- und kommunaler Ebene sowie auf die heterogene Praxis der Netzbetreiber zurückzuführen. Die Folge sind Rechtsunsicherheiten, erhöhter administrativer Aufwand und nicht zuletzt vermeidbare Verzögerungen, die den Ausbau massiv verlangsamen.

Was würden Sie sich von der neuen Bundesregierung für die E-Mobilität wünschen?

Für einen zukunftsfähigen Ausbau der Elektromobilität wünsche ich mir von der neuen Bundesregierung vor allem den pragmatischen Abbau struktureller Hemmnisse und die Schaffung investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen.

Ein zentraler Hebel ist die Einführung einer bundesweit einheitlichen Baugenehmigungsfreiheit für Trafostationen – ohne Maßbeschränkungen oder Zusatzkriterien. Baden-Württemberg hat mit dem Landtagsbeschluss vom 13. März 2025 bereits einen wegweisenden Schritt getan. Andere Bundesländer sollten diesem Beispiel schnellstmöglich folgen und ihre Landesbauordnungen entsprechend anpassen. Gleichzeitig ist die Digitalisierung und Standardisierung der Genehmigungs- und Netzanschlussverfahren voranzutreiben – insbesondere durch ein zentrales Online-Portal für Netzanschlussanträge, die Harmonisierung technischer Anforderungen und verbindliche Bearbeitungsfristen. Ergänzend dazu sollte der vorausschauende Ausbau des Stromnetzes – vor allem im Hochspannungsbereich – gesetzlich verpflichtend verankert werden.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur sollte durch marktwirtschaftliche Prinzipien getragen werden. Staatliche Eingriffe wie das „Deutschlandnetz“ oder die Ausschreibung des E-Lkw-Ladenetzes verdrängen private Investitionen, schwächen den Wettbewerb und führen nicht zwingend zu einer Beschleunigung des Ausbaus. Entscheidend ist vielmehr ein fairer Zugang zu öffentlichen Flächen sowie die marktgerechte Ausgestaltung regulatorischer Rahmenbedingungen – im engen Dialog mit der Branche.

Die politisch diskutierte Versorgungsauflage für Tankstellen ist nicht zielführend und sollte unbedingt verworfen werden. Das Vorhaben greift unverhältnismäßig in die unternehmerische Freiheit ein, indem sie gezielt Mineralölunternehmen verpflichtet, auch an unwirtschaftlichen Standorten Ladeinfrastruktur zu errichten. Dies ignoriert bestehende, bedarfsgerecht platzierte Investitionen und führt zu einer ineffizienten Überversorgung – insbesondere dort, wo bereits Ladeangebote bestehen. Hinzu kommt, dass das reale Ladeverhalten der Kundinnen und Kunden überwiegend abseits klassischer Tankstellen stattfindet – etwa zu Hause, am Arbeitsplatz oder beim Einkaufen. Erschwerend wirken zudem komplexe Eigentümerstrukturen, die eine pauschale Umsetzung einschränken. Sollte eine solche Auflage politisch dennoch verfolgt werden, ist eine flexible Ausgestaltung unerlässlich – etwa über eine standortunabhängige Gesamtladeleistung der zu installierenden Ladepunkte, bezogen auf die Anzahl der Eigentümerstandorte.

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „E-Mobilität im Check: Mit einem starken Leitmarkt voran!“ entschieden?

Bei Aral pulse beschäftigen wir uns tagtäglich mit der praktischen Umsetzung der Elektromobilität – von der Planung über Genehmigungsprozesse bis hin zum laufenden Betrieb. Dadurch wissen wir sehr genau, wo es in der Praxis hakt, aber auch, wie zentral verlässliche politische und regulatorische Rahmenbedingungen für den Erfolg der E-Mobilität sind.

Als BDEW-Mitglied war es für uns daher ein logischer Schritt, Partner der Initiative „E-Mobilität im Check: Mit einem starken Leitmarkt voran!“ zu werden. Die Plattform ermöglicht den direkten Austausch mit Politik, Wirtschaft und Verwaltung – genau dort, wo Lösungen entstehen müssen, um den Markthochlauf zu beschleunigen.

Wir sind überzeugt: Nur mit einem starken, innovationsfreundlichen Umfeld kann Deutschland seine Rolle als Vorreiter und Leitmarkt in der Elektromobilität behaupten. Deshalb unterstützen wir diese Initiative mit Überzeugung – weil wir den Wandel aktiv mitgestalten wollen.

Britta van Boven

Britta van Boven

Geschäftsführerin, Gasunie Deutschland

Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Strom-, Gas- und H2-Speicher für eine erfolgreiche Energiewende“ entschieden?

Der Schlüssel zur Dekarbonisierung der Industrie bei gleichzeitiger Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit liegt im Aufbau eines nachhaltigen und integrierten Energiesystems. Gasunie ist davon überzeugt, dass Wasserstoff im Bereich hoch energieintensiver Industrien wie der Stahl- oder Chemiebranche eine entscheidende Rolle einnimmt. Ebenso bedeutsam für den Erfolg der Energiewende ist jedoch das Zusammenspiel verschiedener Energiesektoren und Energieträger wie Strom, Wasserstoff und Gas. Erdgas, im Allgemeinen wie auch im Zusammenspiel mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), sowie Biomethan erfüllen dabei in der Transitionsphase wesentliche Aufgaben für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit.

Neben leistungsfähigen Netzen gehört auch der strategische Einsatz von Speichern zu den zentralen Bausteinen einer nachhaltigen und resilienten Energieversorgung. Dies gilt aktuell vor der veränderten geopolitischen Lage und wird durch die wachsende Integration erneuerbarer Energien weiter an Bedeutung gewinnen. Um deren Potentiale optimal zu nutzen, ist ein gutes Zusammenspiel von Kurzzeitspeichern für Strom und Langzeitspeichern für Wasserstoff und Gas entscheidend.

Vor diesem Hintergrund bieten der BDEW-Kongress und unsere Themenpartnerschaft die Möglichkeit, sich mit Partnern und Akteuren im Speicherbereiche aus allen Sektoren auszutauschen und über gemeinsame Projekte ins Gespräch zu kommen.

Welche Rolle werden Gas- und Wasserstoffspeicher in den nächsten Jahren spielen?

Wasserstoff- und Gasspeicher übernehmen in einem integrierten Energiesystem zwei zentrale Funktionen:

Zum einen leisten sie als Langzeitspeicher einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Als Energieträger für die Industrie und im Bereich der Verstromung ermöglichen sie einen Ausgleich von Produktionsschwankungen bis hin zur Dunkelflaute. Zudem trägt der strategische Einsatz von Speichern zur Unabhängigkeit von einzelnen Aufkommensquellen und zur Resilienz des Systems bei. Dies gilt insbesondere während der Transitionsphase auch für Erdgas.

Zum anderen sind Speicher vor dem Hintergrund der genannten Faktoren sowohl bei Wasserstoff als auch bei Erdgas entscheidend für einen sicheren und stabilen Netzbetrieb, da sie helfen, aufkommensbedingte Druckschwankungen im System flexibel auszugleichen.

Worin bestehen die größten regulatorischen, technischen, politischen Herausforderungen?

Die größten Herausforderungen liegen aktuell in fehlenden staatlichen Rahmenbedingungen. Dazu zählt in erster Linie eine Wasserstoffspeicherstrategie, ohne die es für Unternehmen schwierig ist, Speicherprojekte umzusetzen. Ein weiterer Punkt liegt im Fehlen passender Förder- oder Finanzierungsinstrumente, die den Markthochlauf absichern. Eng damit verbunden ist die zukünftige Regulierung für Wasserstoffspeicher, die ebenfalls Finanzierungsrisiken birgt. Wir fordern daher die Politik und die Regulierungsbehörden auf, in diesen Punkten gute Rahmenbedingungen und Rechtsklarheit zu schaffen.

Im technischen Bereich erforscht Gasunie mit Partnern im Pilotprojekt H2CAST, wie Wasserstoffspeicher in Zukunft effizient und sicher betrieben werden können. Darüber hinaus arbeiten wir an kommerziellen Projekten im Bereich der Kavernenspeicherung von Wasserstoff in den Niederlanden und Deutschland. Dabei sehen wir technischen Optimierungsbedarf bei der Reinigung und Kompression von Wasserstoff. Aus heutiger Sicht sind diese Herausforderungen jedoch lösbar.

Christin Herber

Christin Herber

Head of Department Energy Systems, Ramboll

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „Wie schaffen wir eine Dekarbonisierung der Wärmenetze?“ entschieden?

Für Ramboll als „The Partner For Sustainable Change“ ist die Dekarbonisierung der Wärmenetze und des gesamten Wärmeversorgungssystems ein entscheidender Pfeiler für die Erreichung unserer Klimaziele - nicht nur in Deutschland. Seit mehr als 50 Jahren arbeiten wir als verlässlicher Berater im Bereich der kommunalen Wärmeversorgung in Skandinavien. Dort werden seit den späten 1970er Jahren kommunale Strategien und Wärmepläne umgesetzt – immer mit dem Ziel den höchsten sozioökonomischen Nutzen (gesetzlich verpflichtend!) umzusetzen. Der ganzheitliche Planungsansatz prägt seitdem die kontinuierliche Transformation des Energiesystems in Dänemark und unser Ziel ist es, diese Erfahrungen der Wärmewende in Deutschland zugutekommen zu lassen. Allein seit Januar 2024 begleiten wir unsere Kund:innen in knapp 40 Projekte zur Wärmewende– von der Vormachbarkeit über die Erstellung von Wärmeplänen für große bis mittlere Kommunen bis hin zur Umsetzung von Wärmesystemen. Und natürlich möchten wir, dass es mehr werden, um die Dekarbonisierung möglichst schon vor 2045 zu erreichen!

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Hürden auf dem Weg von der Planung zur Umsetzung? 

Wir sehen weiterhin Herausforderungen in der Regulatorik und der Finanzierung der Wärmewende für die Kommunen. Zwar scheint es parteiübergreifenden Konsens zu geben, an den durch der Ampelkoalition geschaffenen Gesetzgebung und den implementierten Förderinstrumenten (wie dem BEW), festzuhalten, und auch vom Sondervermögen  fließt ein erheblicher Teil in die Energieinfrastruktur der Länder (100 Mrd. EUR für de KTF und über weitere 100 Mrd. EUR, Stand März 2025), von den Versorgern und Versorgerinnen höre ich dennoch häufig, dass dies noch nicht ausreicht, um 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Jetzt sind innovative Finanzierungskonzepte gefragt, die z.T. auch kommunenübergreifend entwickelt werden oder in Partnerschaften zwischen Kommunen und ihre lokalen Versorger:innen. Weiterhin sollte die Projektplanung flexibel gestaltet sein, da sich die Gegebenheiten öfter kurzfristig ändern als auch lokal spezifisch bestimmt werden müssen. Wir bei Ramboll setzen daher auf eine integrierte Planung, die individuell auf unsere Kund:innen zugeschnitten, flexibel und lokal angepasst ist. So können wir Hürden frühzeitig identifizieren und gezielt überwinden.

Welche Herausforderungen bringt die Umsetzung mit sich?

Wie in Großprojekten üblich gibt es neben technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen auch die gesellschaftlichen Ansprüche, die es nicht zu unterschätzen gilt. Wir haben besonders im urbanen Kontext historisch gewachsene Bestandsnetze, die dringend modernisiert, erweitert und verdichtet werden müssen und zusätzlich noch „neue“ Technologien wärmeerzeugerseitig aufnehmen sollen. Auch das Sichern der wirtschaftlichen Ordnung durch Einsatz nachhaltiger Investitionsstrategien spielt eine entscheidende Rolle: Wie schnüren wir die Maßnahmen, damit sie nicht nur langfristig finanziell tragbar sind, sondern auch noch gesellschaftlich akzeptiert werden? Das bedarf entsprechender technischer als auch lokaler Expertise unterstützt durch transparente Kommunikation in die Breite. Aus unserer Sicht geht es nicht darum, einen einzelnen Erdgaskessel durch eine andere Technologie mittelfristig zu ersetzen, sondern Wärmesysteme und deren Betrieb neu zu denken. Wir bei Ramboll legen Wert darauf, innovative Strategien zu entwickeln, am liebsten eng mit unseren Partner:innen als auch Kund:innen zusammen und diese nicht nur nachhaltig, sondern auch praktikabel umzusetzen. Wenn wir dann noch das entsprechende fachkundige Personal vor Ort haben, steht der rechtzeitigen Umsetzung (fast) nichts mehr im Weg.

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Sven Becker

Sprecher der Geschäftsführung, Trianel

Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft auf dem BDEW-Kongress mit dem Motto „Mehr als Energie “ entschieden?

Der BDEW-Kongress hat sich als wichtigster Treffpunkt der Branche etabliert. Hier treffen sich jedes Jahr Vertreter von Energiewirtschaft und Politik zu einem intensiven und konstruktiven Diskurs über die aktuellen Rahmenbedingungen und Herausforderungen. 

Gerade in der Phase nach der Wahl ist der Austausch mit der neuen Bundesregierung wichtig. Zentrale Themen wie die Entwicklung eines neuen Strommarktdesigns, die kurzfristige Implementierung einer Kraftwerksstrategie und die Neujustierung der Erneuerbaren-Finanzierung müssen zügig von den politischen Entscheidungsträgern angegangen werden. 

Für uns ist es von besonderer Bedeutung, die Perspektive der Stadtwerke einzubringen. Daher sind wir wieder sehr gern Partner des Kongresses, um gemeinsam Lösungen für die entscheidenden Stellschrauben für eine lebenswerte Zukunft mit neuen Energien zu finden.

Dass der Kongress das Motto trägt, für das wir seit Jahren stehen, rundet es natürlich noch mal richtig ab ?

Welche Probleme sollte ein neues Strommarktdesign vorrangig lösen?

Das neue Strommarktdesign muss sich auch künftig am energiewirtschaftlichen Dreieck orientieren. In den letzten Jahren wurde insbesondere die „Versorgungssicherheit“ stiefmütterlich behandelt. Die Bundesregierung muss diesen Punkt oben auf ihre Tagesordnung setzen. 

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist gut vorangeschritten. Das aktuelle Marktdesign ist aber nicht auf eine volatile Einspeisung ausgerichtet. Das muss das neue Strommarktdesign ändern: Flexibilität muss der zentrale Baustein werden. Neben der nachfrageseitigen Flexibilität brauchen wir vor allem Batterien und Elektrolyseure. Durch den Zubau steuerbarer Kapazitäten kann auch weiterhin Versorgungssicherheit gewährleistet werden. 

Für den Kohleausstieg benötigen wir dringend neue steuerbare Kraftwerke. Die Bundesregierung muss zügig die Kraftwerksstrategie auf den Weg bringen, damit zeitnah die ersten Ausschreibungen stattfinden können.

Gibt es Alternativen zum Kapazitätsmarkt?

Es gibt immer Alternativen – die Frage ist, ob diese auch sinnvoll sind. Entscheidend ist, dass sich in einem regulierten Umfeld ein funktionierender Markt entwickeln kann. Vor diesem Hintergrund sind Vorschläge, wie der Einsatz von Reservekraftwerken zur Senkung der Strompreise kontraproduktiv. Wenn es dazu käme, wäre dies ein ordnungspolitischer Sündenfall, der das Vertrauen in den Markt gefährdet. Politische Eingriffe in den Markt sollten sich auf ein Minimum beschränken. In der Vergangenheit wurde oft in Preise und damit in die Investitionssicherheit eingegriffen. Seit über 10 Jahren wurde deshalb in Deutschland nicht mehr in gesicherte Leistung investiert. 

Da wir diese gesicherten Kapazitäten für die Versorgungssicherheit benötigen, fordern wir einen technologieoffenen Kapazitätsmarkt, der über sinnvoll definierte Produkte alle steuerbaren Flexibilitäten integriert und die notwendigen Investitionen absichert.

Andreas Langer

Dr. Andreas Langer

Partner Energy, Resources and Industrials, Deloitte Wirtschaftsprüfungsunternehmen

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „Wärmewende von der Planung über die Finanzierung zur Umsetzung“ entschieden?

Als Deloitte haben wir uns entschieden, beim Thema „Wärmewende von der Planung über die Finanzierung zur Umsetzung“ als Partner mitzuwirken, weil wir davon überzeugt sind, dass die Wärmewende ein zentraler Baustein für eine nachhaltige und klimafreundliche Energiezukunft ist. Unsere Expertise in den Bereichen strategische Beratung, Finanzierungsmodelle und Umsetzungskompetenz ermöglicht es uns, Unternehmen und Organisationen entlang des gesamten Prozesses – von der Planung bis zur konkreten Umsetzung – zu begleiten.

Die Wärmewende ist eine der größten Herausforderungen der Energiewende und spielt eine entscheidende Rolle für das Erreichen der Klimaziele bis 2045. Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, diese Herausforderung zu meistern.

Wo sehen Sie die größten planerischen und finanziellen Herausforderungen?

Die größten planerischen und finanziellen Herausforderungen bei der Umsetzung der Wärmewende sind in erster Linie die Entwicklung langfristig tragfähiger Strategien sowie die Sicherstellung einer stabilen und nachhaltigen Finanzierung. Hierbei müssen sowohl die richtigen Assets als auch ein präzises Management der Ressourcen berücksichtigt werden.

Daher liegt die Herausforderung darin, eine ganzheitliche Strategie zu entwickeln, die die richtige Balance zwischen Nachhaltigkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit bietet. Die Wärmewende erfordert eine integrierte Herangehensweise, bei der es darum geht, bestehende Erzeugungsanlagen und die Infrastruktur wie Strom- und Gasnetze sowie Fernwärmenetze an die neuen, CO2-armen Technologien anzupassen. Gleichzeitig müssen auf lokale Bedürfnisse und Gegebenheiten abgestimmte Lösungen entwickelt werden. Die Fähigkeit, verschiedene Assets – von Erzeugungsanalagen und Netze über Gebäudestrukturen bis hin zu digitalen Infrastrukturkomponenten – nahtlos zu integrieren, ist hierbei entscheidend.

Welche Rolle spielt eine gute Planung bei der Finanzierung?

Eine fundierte Langfristplanung ist eine entscheidende Grundlage für die Finanzierung, da sie hilft, die komplexen und langfristigen Zusammenhänge zwischen Asset, Vertrieb und den dazugehörigen Geschäftsmodellen effizient zu gestalten. Ausgaben und Rückflüsse können abgebildet und der Kapitalbedarf in den einzelnen Jahren bestimmt werden. Die Wärme-/Energiewende erfordert erhebliche Investitionen in Infrastruktur, Technologie und Aufbau neuer Vertriebsstrukturen. Durch eine vorausschauende Planung können die benötigten Mittel abgeschätzt und die Investitionen gezielt getätigt werden. Zudem hilft sie, Risiken wie technologische oder politische Unsicherheiten frühzeitig zu identifizieren und in die Planung mit einzubeziehen. Nicht zuletzt werden auch die Kapitalgeber für ihre Entscheidungen eine möglichst ausgereifte Planung des jeweiligen Unternehmens zugrundlegen, um den Umfang der Kapitalbereitstellung und die Kapitalkosten zu bestimmen. D.h. eine aussagekräftige und fundierte strategische Langfristplanung ist ein zentrales Element bei der Umsetzung der Wärmetransformation und damit auch der Finanzierung.

Kathrin Ballerstein

Kathrin Ballerstein

Director Energy System Planning, TenneT TSO

Passt das Motto des diesjährigen BDEW Kongresses „Mehr als Energie “ auch zu TenneT Germany?

Absolut. Starke Netze sind eine Grundvoraussetzung für eine starke Wirtschaft und der Schlüssel zur Dekarbonisierung der Industrie. Die Bedeutung unserer Arbeit geht weit über Betrieb und Ausbau der Stromnetze hinaus. Mit unserem Netz von der Nordsee bis zu den Alpen versorgen wir unsere Kunden sicher und verlässlich mit Energie. Wir binden die erneuerbaren Energien ein und machen das Netz fit für die Zukunft. Wir gestalten ein kosteneffizientes Energiesystem.

Brauchen wir denn wirklich noch mehr Übertragungsnetze? 

Ja, der Netzausbau ist die effizienteste Lösung, um erneuerbare Energien ins Stromnetz zu integrieren und damit die Wirtschaft und Industrie zu transformieren sowie die Verkehrs- und Wärmewende zu ermöglichen. Wird das Netz nicht ausgebaut, fallen hohe Kosten für systemstabilisierende Maßnahmen wie Redispatch an – die gehen zu Lasten der Stromkunden und sind, wirtschaftlich gesehen, unproduktiv. Sie belasten Haushalte, Wirtschafts- und Industriebetriebe sofort, ohne eine zukunftsfähige Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort aufzubauen.  Das ist „verbranntes Geld“. Klar ist: Die Investitionen bleiben notwendig. Aber wir können sie aufgrund des Strombedarfs strecken und auf kostengünstigere Technologien wie Freileitungen statt Erdkabel setzen. Die Investitionen sind nicht streichbar, aber staffelbar.

Welche großen Herausforderungen stehen in der Energiebranche in den nächsten Jahren an?

Wir müssen die Versorgung weiter sichern, die Bezahlbarkeit im Blick behalten und dürfen uns durch konjunkturelle Schwankungen nicht von der langfristigen Zielsetzung abbringen lassen. Die Transformation von Wirtschaft und Industrie geht einher mit einer großflächigen Elektrifizierung sowie neuen Stromabnehmern, wie Elektrolyseuren oder Rechenzentren. Entsprechend wird erwartet, dass der Stromverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2045 im Vergleich zu heute ansteigt. Unser Ziel muss es auch sein, die Erneuerbaren Energien möglichst effizient und kostengünstig zu integrieren und ein neues Strommarktdesign zu entwickeln. Damit der Wandel des Industrie- und Wirtschaftsstandorts gelingt, brauchen wir starke und resiliente Stromnetze, die die Netzstabilität auf Dauer effizienter und damit kostengünstiger gestalten.

Dr. Dirk Biermann

Dr. Dirk Biermann

COO, 50Hertz Transmission

Wie schätzen Sie die Bedrohungslage zurzeit ein?

Die Bedrohungslage ist angesichts der angespannten geopolitischen Lage auch für Energieanlagen unverändert hoch. Hinzu kommt die starke und weiter wachsende Abhängigkeit von elektrischer Energie in nahezu allen Bereichen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens. Eine stabile und sichere Energieversorgung ist damit von zentraler Bedeutung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Deutschland spielt in diesem Kontext eine Schlüsselrolle: Als zentrale Drehscheibe im europäischen Strommarkt und als bedeutender Standort innerhalb der NATO ist die Sicherheit seiner Energieinfrastruktur nicht nur national, sondern auch international von strategischer Relevanz.

Wie kann die Resilienz der Stromversorgung sichergestellt werden - schwarzfallfest und schwarzfallfähig?

Der jüngste Blackout in Spanien und Portugal zeigt, wie wichtig es ist, eine solche Großstörung mittels Redundanz und Reserven im System möglichst zu vermeiden. Daher werden die Übertragungsnetze in Europa nach dem n-1-Prinzip ausgelegt und betrieben, das uns ermöglicht, den Ausfall von einzelnen Systemelementen zu verkraften, ohne dass die Stromversorgung beeinträchtigt wird. Und folgenreiche Großstörungen werden durch dieses hohe Sicherheitsniveau extrem unwahrscheinlich. Trotzdem zeigen die Ereignisse in Spanien und Portugal auch, dass es – so sehr auch ersehnt - keine absolute Sicherheit durch Prävention geben kann. Wir müssen also auch resilient sein, d.h. auf Störungen jeder Art gut vorbereitet sein, um Schäden gering zu halten und schnell wieder einen ungestörten Betriebszustand erreichen zu können. Die Stärkung der Resilienz erfordert eine Kombination aus technischen, organisatorischen und strategischen Maßnahmen. Alle betroffenen Akteure – Betreiber kritischer Infrastruktur, die Bundesregierung und Behörden – müssen im engen Austausch miteinander ein gemeinsames Verständnis der Lage und der Herausforderungen sowie Lösungsansätze erarbeiten.

Wo sollte die Politik noch mehr unterstützen?

Ein zentraler Punkt ist die zeitnahe und praxisnahe Umsetzung der europäischen NIS2- und CER-Richtlinien. Sie bieten wichtige Rahmenbedingungen zur Erhöhung der Cybersicherheit und physischen Resilienz, müssen aber zügig in nationales Recht überführt werden, um wirksam greifen zu können. Die Zuständigkeiten für den Schutz kritischer Infrastrukturen sind in Deutschland in weiten Teilen dezentral verteilt – aus unserer Sicht braucht es hier eine stärkere gesamtstaatliche Koordination, klar definierte Verantwortlichkeiten, eine bessere Vernetzung und mehr Informationsfluss zwischen den Akteuren sowie ein einheitliches Lagebild. Darüber hinaus braucht es politische Strategien zum Umgang mit potenziellen Gefahren kritischer Technologien wie etwa dem Smart-Meter-Rollout sowie zur Reduzierung kritischer Abhängigkeiten insbesondere in Informations- und Kommunikationstechnologien, die für Energieinfrastruktur essenziell sind. 

Szilard Toth

Szilard Toth

Gründer & CTO, epilot

Warum haben Sie sich als Partner für das Thema „Fit für morgen: KI, Daten und digitale Prozesse“ entschieden?

Ich beteilige mich an diesem Panel, weil ich überzeugt bin, dass Datenverfügbarkeit, KI und digitalisierte Prozesse essenziell sind, um die Energiebranche zukunftsfähig zu machen. Energieversorger und Netzbetreiber stehen vor der Herausforderung, komplexe Prozesse sowie den Vertrieb umfangreicher Produktportfolios effizienter zu gestalten, steigenden regulatorischen Anforderungen der Energiewende gerecht zu werden und gleichzeitig den Service für Endkunden zu verbessern.

Mit unserer energy XRM-Plattform epilot unterstützen wir genau an diesen Punkten – durch KI-gestützte Prozessautomatisierung, intelligente Steuerung von Customer Journeys und vorkonfigurierte Lösungen, die speziell auf die Bedürfnisse der Energiebranche zugeschnitten sind. Als Partner des BDEW-Kongresses möchten wir unsere Erfahrungen einbringen, wie Unternehmen nicht nur punktuell, sondern ganzheitlich von KI profitieren können – durch „Vertical AI“, also branchenspezifisch trainierte KI-Anwendungen, die reale Herausforderungen adressieren.

In welchen Anwendungsfeldern sehen Sie für Energieversorger und Netzbetreiber das größte Potenzial für den effektiven Einsatz von Künstlicher Intelligenz?

Das größte Potenzial von KI liegt aus unserer Sicht in der Automatisierung und Optimierung von Vertriebs- und Serviceprozessen. Energieversorger können beispielsweise die Bearbeitung eingehender Kundenanfragen automatisieren, Leads priorisieren oder mit Predictive AI präzise Prognosen zu Nachfrage- und Kundenverhalten treffen.

Für Netzbetreiber bietet KI insbesondere im Rahmen der digitalen Prozessabwicklung entlang regulatorischer Vorgaben großes Potenzial – etwa bei der automatisierten Nachqualifizierung von Anträgen im Netzanschlussprozess oder der intelligenten Aufgabenverteilung auf Basis historischer Prozessdaten.

Durch die Kombination mit vorkonfigurierten Prozessen – sogenannten epilot Blueprints – lassen sich KI-Anwendungen schnell und ohne Unterstützung durch IT oder Agenturen in die Praxis umsetzen. Das ist vor allem für kleinere Versorger ein entscheidender Vorteil, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wie wichtig ist die Verfügbarkeit und Qualität von Daten für den erfolgreichen Einsatz von KI-Lösungen?

Daten sind das Fundament jeder erfolgreichen KI-Anwendung – ihre Verfügbarkeit, Struktur und Qualität entscheiden maßgeblich über den tatsächlichen Nutzen. Gerade in der Energiebranche, in der viele Prozesse noch analog oder nur fragmentarisch digitalisiert sind, gibt es hier häufig Nachholbedarf.

Wir verfolgen mit epilot den Ansatz, auf einer zentralen Cloud-Plattform relevante Datenquellen zu integrieren und zu standardisieren. Unsere KI-Funktionen greifen dadurch auf strukturierte Daten zu – sei es zur Unterstützung der Kundenkommunikation, zur Automatisierung von Netzprozessen oder zur Ableitung von Marktprognosen.

In der stark fragmentierten Stadtwerkelandschaft der DACH-Region reichen die Datenmengen einzelner Unternehmen jedoch meist nicht aus, um mit KI echte Mehrwerte zu generieren. Genau hier setzt epilot mit einem branchenweiten Community-Ansatz an: Durch die Nutzung eines Data Lakes mit anonymisierten, branchenspezifischen Daten von aktuell über 170 Energieunternehmen kann unsere KI deutlich bessere Benchmarks und Prognosen liefern als rein interne Analysen. Nur so lässt sich KI wirklich skalieren und für die gesamte Branche nutzbar machen – auch für kleinere Marktakteure.