Rückblick
Lesen Sie hier, warum unsere Partner auf dem BDEW Kongress 2024 vertreten waren.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft entschieden zum Thema “Künstliche Intelligenz für die Energiewirtschaft nutzen”?
Energieunternehmen und insbesondere Netzbetreiber stehen vor immensen Herausforderungen: Das exponentielle Wachstum von dezentralen Energieressourcen für die Energie-, Wärme- und Verkehrswende hat enorme Auswirkungen auf unsere Energienetze. Diese Auswirkungen sind allein mit herkömmlichen Herangehensweisen, gerade in der knappen Zeit geprägt von Ressourcenknappheit, nicht zu meistern. Deswegen stellen sich Netzbetreiber zukunftsgewandt der nötigen Transformation, die neben Tatkraft u.a. auch die richtigen Technologien von vertrauenswürdigen, etablierten Partnern erfordert. Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Schlüsseltechnologie, um die genannten Herausforderungen handhabbar zu gestalten. Als Siemens integrieren wir ausgewählte KI-Algorithmen in unser Grid Software Portfolio, damit Netzbetreiber die Vorteile dieser Technologie nutzen können.
Unsere offene, interoperable und flexible Systemarchitektur, die höchsten Anforderungen an Cyber-Sicherheit standhält, ist die Basis für unser Portfolio. Darüber hinaus arbeiten wir erfolgreich mit verschiedenen richtungsweisenden Partnern auf diesem Gebiet zusammen wie bspw. Microsoft, NVIDIA, und IBM.
In welchen Bereichen können Netzbetreiber durch KI relevanten Mehrwert erzielen?
Schon heute bieten sich relevante Einsatzmöglichkeiten, die Kernaufgaben der Netzbetreiber für eine sichere, zuverlässige Energieversorgung unterstützen.
Zum Beispiel lässt sich die Prognosequalität für Vorhersagen von Erzeugung und Last in Stromnetzen durch KI erhöhen, was gerade in Niederspannungsnetzen mit immer mehr angeschlossenen dezentralen Anlagen wichtig wird. Dadurch können Entscheidungen im Netzbetrieb erleichtert und Netzkapazitäten effizienter genutzt werden. Auch bei sogenannten Assistenzsysteme hilft KI weiter. Beispielsweise können zukünftig KI-Modelle, die durch unsere Domain-Experten trainiert werden, handlungsorientierte Empfehlungen geben, um Netzanpassungen unter sich ändernden Bedingungen leichter zu konfigurieren. Dies unterstützt Netzplaner bei der Zielnetz- und der Netzausbauplanung.
Es bieten sich zahlreiche Einsatzbereiche und wir innovieren, auch mit Vorreitern unter den Netzbetreibern, kontinuierlich, damit aus dem potenziellen Mehrwert von KI ein möglichst großer realer Mehrwert wird.
Was müssen Unternehmen in der Energiewirtschaft beim Einsatz von KI beachten?
Für alle Unternehmen, die KI effektiv nutzen möchten, ist eine dedizierte Strategie sinnvoll: Zielsetzung, Einsatzbereiche und die vorhandene Datenbasis (Verfügbarkeit, Qualität und Konsistenz) sollten dabei betrachtet werden. Auch die Klärung der Rahmenbedingungen, der nötigen Governance-Struktur, der Rechte am geistigen Eigentum und natürlich der Sicherheitsaspekte spielen bei KI-Vorhaben eine wichtige Rolle. Nicht jedes Unternehmen will und muss beim Thema KI das Rad neu erfinden: Produkte und Lösungen auf Basis fortschrittlicher KI, wie auch die von Siemens, helfen, das Potenzial zu nutzen.
Warum haben Sie sich für eine Themenpartnerschaft „Kraftwerksstrategie: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ entschieden?
Die Energiewende braucht ein schlüssiges Gesamtkonzept. Dieses muss endlich die physikalische Einheit aus Kraftwerken, Netz und Verbrauch berücksichtigen. Stand heute müssen wir allerdings feststellen, dass es zwar einzelne Pläne wie die Kraftwerksstrategie und die Roadmap Systemstabilität gibt, diese aber weder miteinander verzahnt noch in der Umsetzung weit fortgeschritten sind. Darüber hinaus müssen gleichzeitig die Bezahlbarkeit und Umsetzbarkeit im Blick behalten werden. Mit dem Vorschlag der Bundesregierung zur Kraftwerksstrategie sehen wir weiterhin viele offene Fragestellungen, die wir in der Themensession diskutieren möchten.
Was wären Ihre Wünsche an eine zielgerichtete Kraftwerksstrategie?
Wir stehen vor der Mammutaufgabe, bis 2030 unseren bisherigen Grundpfeiler der Versorgungssicherheit – die Kohlekraftwerke – komplett zu ersetzen. Die dynamischen Entwicklungen im Strommarkt und die damit verbundenen hohen Unsicherheiten erfordern stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Wir brauchen in Deutschland Investitionssicherheit für den Bau neuer Erzeugungskapazitäten. Dass die Regierung mit der Kraftwerksstrategie gesicherte Leistung in Höhe von 10 Gigawatt ausschreiben möchte und damit den Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten anerkennt, ist ein wichtiger Schritt. Jedoch finden sich im aktuellen Vorschlag keine Regelungen dazu, dass Kraftwerke aus Netzsicht an den richtigen Stellen gebaut werden. Die Frage nach der Verortung muss nicht nur für neue Kraftwerke beantwortet werden, sondern auch für die neuen Stromnachfrager wie bspw. Elektrolyseure.
Was sind die größten regulatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der zukünftigen Versorgungssicherheit?
In einem Energiesystem, das vollständig auf erneuerbaren Energien basiert, benötigen wir nicht nur zuverlässige Back-up-Kapazitäten, sondern auch flexible Verbrauchsmuster, ausreichende Transportkapazitäten und Elemente, die das Stromsystem stabilisieren.
Entscheidend ist also, dass das zukünftige Strommarktdesign nicht isoliert, sondern mit Blick auf das gesamte klimaneutrale Energiesystem betrachtet wird und so gewährleistet, dass Kraftwerke, Speicher und Elektrolyseure an systemdienlichen Stellen im Stromnetz verortet sind und die für die Stabilität des Stromnetzes entscheidenden Systemdienstleistungen erbringen. Von dem angekündigten Kapazitätsmechanismus der Bundesregierung ab dem Jahr 2028 versprechen wir uns marktliche Anreize für technologieoffene Lösungen, um den Bedarf an gesicherter Leistung so effizient wie möglich zu decken.
Was verbinden Sie mit dem Motto des BDEW Kongress 2024 „Gemeinsam einfach machen“?
Das Motto ist in diesem Jahr abermals sehr gut gewählt. Auf den Energiesektor ist seit Jahren Verlass. Wir erreichen unsere CO2-Einsparziele bislang verlässlich und generell gibt es in der Branche eine Machermentalität.
Das gilt ganz besonders für den PV-Bereich: Bei Großanlagen auf Freiflächen haben wir einen absoluten Boom zu verzeichnen. 2023 hat Deutschland die Zubaurate in etwa verdoppelt. Bei Gewerbeanlagen in Verbindung mit Batteriespeicher liegt aktuell das größte Potential. Da enstehen gerade sehr viele Projekte, die noch in der Genehmigungsphase sind. Hier würden wir uns von der Politik im Sinne von „einfach machen“ noch mehr Bürokratieabbau und schnellere Freigaben wünschen.
Bei unseren Heimanlagen werden bereits 80% mit Batteriespeicher ausgeliefert, der Strom wird also nicht nur erzeugt, sondern auch gespeichert und so nachhaltig genutzt.
Was sind für Sie die größten Herausforderungen auf dem Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem?
Das kürzlich beschlossene Solarpaket I der Bundesregierung beinhaltet eine Reihe von guten Maßnahmen, die insgesamt dazu beitragen dürften, den PV-Ausbau über die 15 GW des Jahres 2023 hinaus zu beschleunigen.
Allerdings gibt es nach wie vor ungelöste Probleme, wie beispielsweise zu geringe Kapazitäten beim Netzanschluss oder die Infrastrukltur. So wurde zum Beispiel die Duldungspflicht für Leitungsverlegungen über private Flächen aus dem Solarpaket I gestrichen, obwohl diese einen Großteil der relevanten Flächen ausmachen. Das ist bedauerlich.
Darüber hinaus bedarf es weiterer Maßnahmen, um die Direktvermarktung auch für private Anlagen attraktiver und massentauglich zu machen.
Schließlich gilt es, alle vorhandenen Flexibilitäten nutzbar und Speicher zum integralen Bestandteil des Energiesystems zu machen.
Worin sehen Sie Ihre Rolle die Transformation zu begleiten?
Huawei FusionSolar denkt Erneuerbare Energien und Digitalisierung zusammen. Wir integrieren digitale Technologien und Leistungselektronik zur Bereitstellung von intelligenten Lösungen für alle Anwendungen, die Energiegewinnung, -speicherung und -management kombinieren. Damit leisten wir bereits seit 2012 unseren Beitrag zum Gelingen der Energiewende.
Daneben haben wir den Bereich Data Center Facility: hier bieten wir Lösungen für die unterbrechungsfreie Stromversorgung von Rechenzentren und Industrie an.
Schließlich sind wir Komponentenzulieferer für große deutsche und europäische Hersteller von leistungsstarker Schnellladeinfrastrukur und smarten Ladesäulen und sorgen mit dafür, dass dem schnellen Ausbau der Elektromobilität innovative Technolgie mit beispielsweise leiser und nachhaltiger Wasserkühlung zur Verfügung steht.
FusionSolar ist die Marke innerhalb von Huawei Digital Power. Unter diesem Namen werden unsere Produkte in der Erneuerbare-Energietechniksparte angeboten, um sie von der Kommunikationssparte abzuheben.
Die Bundesregierung hat vor kurzem ihre Carbon Management Strategie vorgestellt. Wie bewerten Sie die Inhalte?
Für uns ist die Carbon Management Strategie der Bundesregierung grundsätzlich ein richtiger Schritt. Allerdings kommt dieser Schritt sehr spät und wir brauchen jetzt Tempo. Wenn wir bis in die frühen 2030er Jahre relevante CO2-Speichermöglichkeiten schaffen wollen, ist es allerhöchste Zeit, jetzt damit anzufangen. Wintershall Dea hat bereits fünf CCS-Lizenzen in Dänemark, Norwegen und UK, um hier vor allem unvermeidbare CO2-Emissionen aus der Industrie einspeichern zu können. Ich freue mich auf die Diskussion beim BDEW Kongress, wie wir nun schnell die CCS-Wertschöpfungskette aufbauen können.
Was braucht es jetzt für einen schnellen Aufbau der Wertschöpfungskette?
Die Anpassung des Kohlenstoff-Speicher- und Transportgesetzes schafft schon einmal den geeigneten Rechtsrahmen für den Aufbau einer Infrastruktur für den CO2-Transport. Aber wir brauchen mehr. Das Londoner Protokoll für den CO2-Transport ins Ausland zu ratifizieren, ist ein notwendiger Schritt. Und wir brauchen bilaterale Abkommen mit Dänemark, Norwegen und UK, weil wir in diesen Ländern Speicherlizenzen haben. Vereinfachte Genehmigungsverfahren und die Einstufung der CO2-Infrastruktur als "im überragenden öffentlichen Interesse“ (PCI) könnten den Aufbau der gesamten Wertschöpfungskette beschleunigen – vergleichbar mit den Ideen für die Beschleunigung des Ausbaus der Wasserstoffinfrastruktur.
Welche spezifischen Anwendungsbereiche von CCS haben in Deutschland das größte Potenzial, um erfolgreich zur Reduzierung von CO2-Emissionen beizutragen und die Klimaziele zu erreichen?
Wir sehen das größte Potenzial für CCS in den energieintensiven Industrien – dazu zählen die Branchen Baustoffe, Chemie, Stahl, Zement, Glas, und Papier. Hier fallen künftig trotz großer Anstrengungen zur Elektrifizierung der Prozesse unvermeidbare CO2-Emissionen an. Dies gilt auch für die Abfallindustrie, bei der mit CCS wegen des hohen Anteils von Kohlenstoff biogenen Ursprungs (gut 50 %!) erhebliche Negativemissionen möglich sind. Für die Erreichung des Netto-Null-Klimaziels wird CCS daher unverzichtbar sein. Darüber hinaus sind wir überzeugt, dass CCS für die Produktion von blauem Wasserstoff künftig relevanter werden wird. Der Einsatz von blauem Wasserstoff kann die Elektrifizierung industrieller Prozesse sinnvoll flankieren. Die Industrie braucht für die Transformation emissionsarme Energie, um sie wettbewerbs- und zukunftsfähig im Einklang mit den Klimazielen aufzustellen.
Warum haben Sie sich für die Klimaneutral-Stellung des BDEW Kongress mit dem Motto: „Gemeinsam einfach machen“ entschieden?
Unsere Mission bei ENGIE ist es, den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Wir sind überzeugt, dass für eine erfolgreiche Transformation zur Klimaneutralität diese Elemente ineinandergreifen müssen: Erneuerbar erzeugen, grüne Energie speichern, Verteilung sichern, energiewirtschaftliches und energietechnisches Know-how für die punktgenaue Bereitstellung von Energie kombinieren und den Energieverbrauch in allen Bereichen senken. Das sind alles Themen, die auch den BDEW bewegen und die wir zusammen mit dem BDEW voranbringen möchten. Wir sind aber auch überzeugt, dass wir diese Jahrhundertaufgabe nur gemeinsam meistern werden – über kluge Kooperationen und mit kreativen Geschäftsmodellen. Daher begrüßen wir das Motto des diesjährigen Kongresses und freuen uns, dazu beizutragen, dass die Veranstaltung klimaneutral stattfinden kann.
Was sind für ENGIE die größten Chancen/ Herausforderungen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung?
Deutschland hat die politischen Ziele für die Energiewende weitgehend gesetzt. An entscheidenden Stellen fehlt es jedoch noch an klaren Rahmen- und Förderbedingungen. Für die Unternehmen der Energiewirtschaft ist die Umsetzung eine Herkulesaufgabe, vergleichbar mit dem Aufbau der Versorgungswirtschaft vor mehr als hundert Jahren. Strom-, Gas- und Wärmemarkt werden neugestaltet, das erfordert erhebliche finanzielle Mittel. Die Energiewende darf mit Sicherheit nicht zu Lasten des Wirtschaftsstandorts gehen, aber auch nicht zu einer Bedrohung für die Versorgungsunternehmen werden. Außerdem ist es wichtig, dass die breite gesellschaftliche Akzeptanz für dieses Vorhaben erhalten bleibt. Alle unsere Aktivitäten bei ENGIE sind darauf ausgerichtet, den Wandel in eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft zu beschleunigen. Wir sehen uns als treibende Kraft, die nachhaltige Energiewende aktiv mitzugestalten. Gerne auch in Kooperationen.
Welche Rolle spielen Grüne Herkunftsnachweise beim Gelingen der Energiewende?
Grüne Herkunftsnachweise repräsentieren den eigentlichen Mehrwert der grünen Erzeugung, stehen also sinnbildlich für die Nachhaltigkeit bei der Energieerzeugung. Sie sind ein handelbares Gut, und allein schon wegen dieser Marktkomponente sind sie für uns in der Energiewirtschaft wichtig. Wir können bereits heute in der Kombination von grünen Herkunftsnachweisen mit langfristigen Stromverträgen, sog. PPAs, Wind- und Solarparks ohne eine EEG-Vergütung realisieren. Dieses Geschäftsmodell wird mit zunehmender Erzeugungskapazität immer wichtiger werden, davon sind wir überzeugt und darum setzt wir bereits heute bei unseren Energielieferungen auf grüne Herkunftsnachweise.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft auf dem BDEW Kongress mit dem Motto: „Gemeinsam einfach machen“ entschieden?
Die Klimakrise stellt unsere Gesellschaft vor wichtige Herausforderungen. Eine dieser Herausforderungen ist die Transformation des Energie- und Wärmesektors hin zu Klimaneutralität. Nichtsdestotrotz sind eben diese Herausforderungen interdisziplinär, komplex und sie werden uns noch über einige Zeit begleiten. Daher ist es umso wichtiger, dass Wirtschaft, Politik und andere Stakeholder gemeinsam an einem Strang ziehen, um diese „Mammutaufgabe“ zu bewältigen. Ganz nach dem Motto „Gemeinsam einfach machen“. Die SWM haben sich schon seit längerem der Dekarbonisierung der Energie- und Wärmewende verschrieben. Wir freuen uns, dass wir mit dem BDEW gemeinsam den Weg zur Dekarbonisierung gehen, denn wenn wir gemeinsam arbeiten, dann erscheint die „Mammutaufgabe“ nicht mehr ganz so groß.
Was sind für die Stadtwerke München die größten Chancen/ Herausforderungen auf dem Weg zu einer Klimaneutralen Energieversorgung?
Die Herausforderungen durch die strategischen Aufgaben einer klimaneutralen Energieversorgung sind groß. Im Bereich der Energie- und Wärmewende beschäftigen uns eine Vielzahl an großen und anspruchsvollen Projekten, wie z.B. die kommunale Wärmeplanung, der Geothermieausbau oder der Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung. Ein erfolgreiches Gelingen dieser Projekte, und damit der Umsetzung einer klimaneutralen Energieversorgung, braucht dringend zusätzliche Fachkräfte, die notwendigen Genehmigungen und ein sicheres Investitionsumfeld. Eine klimaneutrale Energieversorgung eröffnet aber natürlich auch neue Chancen für die SWM. Neben den ökologischen Vorteilen werden wir unabhängiger von Energieimporten und stärken die lokale Wirtschaft. Von unseren heutigen Investitionen in regenerative Technik profitieren hoffentlich noch viele Generationen.
Wo sollte die Politik zur Unterstützung der Transformation in Ihren Vorgaben nachjustieren?
Für ein Gelingen der Transformation des Energiesektors bedarf es politischer Rahmenbedingungen und einiger Weichenstellungen, damit die Wirtschaft einen adäquaten Handlungsspielraum erhält. Die Politik arbeitet bereits mit Hochdruck an der Transformation und wir sehen Fortschritte. Schritte in die richtige Richtung sind zum Beispiel das Wärmeplanungsgesetz oder das Bürokratieentlastungsgesetz. Nichtsdestotrotz besteht auch weiterhin Potenzial in einigen Bereichen, unter anderem im Geothermie-Erschließungsgesetz, der Einstufung des Ausbaus der erneuerbaren Wärmeerzeugung oder in einer langfristigen Finanzierungssicherheit, die umfassende Investitionen ermöglicht. Wir sind aber insgesamt in Deutschland auf einem guten Weg.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Wasserstoffhochlauf: Kosteneffiziente Systemoptimierung mit grünem Wasserstoff" entschieden?
EWE und die EWE Hydrogen GmbH möchten den Weg der Klimaneutralität aktiv und konsequent beschreiten. Wir sind im Nordwesten Deutschlands beheimatet, einer Region, die über viel Wind, sowohl on- als auch offshore verfügt. Da liegt es nahe, aus dem hier erzeugten Überschussstrom (Strom, der sonst abgeregelt und nicht zur Verfügung stehen würde) Wasserstoff zu produzieren. Wir planen im Rahmen des IPCEI-Projektes „Clean Hydrogene Coastline“ die Errichtung von Wasserstoff-Produktionskapazitäten mit zwei Elektrolyseur-Projekten in Emden (320 MW) und Bremen (50 MW). Die weitere Projektentwicklung hängt unter anderem von der Ausgestaltung des politischen Rahmens ab. Denn die Herausforderungen sind gewaltig. Es geht darum, erneuerbare Energien massiv auszubauen. Damit einher geht gleichzeitig die Notwendigkeit, die Produktionskapazitäten für Wasserstoff deutlich zu erhöhen. Und für all das braucht es ausgewogene und stabile Rahmenbedingungen, die derzeit weiter gestaltet werden müssen.
Wie sehen Sie die zukünftige H2 Erzeugungsstruktur in Deutschland?
Das Ziel der Bundesregierung für heimische Elektrolysekapazitäten beträgt 10 GW bis 2030, parallel zur Entwicklung eines Importmarktes für Wasserstoff. Ohne Import geht es nicht. Jedoch werden vornehmlich heimische Elektrolysekapazitäten maßgeblicher Treiber für inländische Infrastrukturen zum Transport und zur Speicherung sein. Aus Sicht von EWE sollten diese flexiblen Anlagen systemdienlich, also in der Nähe der erneuerbaren Erzeugung und vor potenziellen Netzengpässen verortet sein. Diese Art der Erzeugung kann einen großen Beitrag zur Reduktion von Netzengpässen leisten. Das vermindert den Netzausbaubedarf enorm. Gleichzeitig bleibt das Gesamtsystem stabil . Das betrifft übrigens auch die Gesamtsystemkosten.
Was sind die wichtigsten politischen Weichenstellungen für einen wirtschaftlichen H2-Hochlauf?
Aus meiner Sicht ist Folgendes wichtig: Erstens müssen angemessene Anreize zum Hochlauf und der Skalierbarkeit systemdienlicher Elektrolyse gesetzt werden. Zweitens sind stabile Rahmenbedingungen nötig, die die Investitionsbereitschaft in den Ausbau der notwendigen Infrastruktur, insbesondere beim Wasserstoffkernnetz, absichern. Und drittens brauchen wir politische Unterstützungsmaßnahmen, die das Nachfragerisiko bei der Speicherung von Wasserstoff verringern und damit den Ausbau und die Umwidmung von Speichern anreizen. Denn Wasserstoffspeicher sind eine unverzichtbare Komponente im künftigen Energiesystem.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Aufbau einer CCS-Wertschöpfungskette – jetzt durchstarten!" entschieden?
CCS ist als Technologie zur Speicherung von CO₂-Emissionen aus industriellen Prozessen und Kraftwerken insbesondere für die schwer zu dekarbonisierenden energieintensiven Sektoren unerlässlich. Der Aufbau einer durchgehenden CCS-Wertschöpfungskette eröffnet neue Möglichkeiten in der Dekarbonisierung von Prozessen, die noch auf fossile Brennstoffe angewiesen sind und leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Mit der Themenpartnerschaft hoffen wir, diese wichtige Diskussion weiter voranzubringen.
Was sind die wichtigsten Rahmenbedingungen für den Aufbau einer wirtschaftlich betreibbaren Wertschöpfungskette?
Einige essenzielle Faktoren hierbei sind die Schaffung klarer gesetzliche Vorgaben, finanzieller Anreize und Förderprogramme sowie einer gut entwickelten Infrastruktur für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung von CO2. Eine solide technische Grundlage, verlässliche Richtlinien und Standards für die Entwicklung und Implementierung von CCS-Technologien sind weitere wichtige Aspekte.
Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren für den Aufbau einer CCS-Wertschöpfungskette?
Für die großflächige Skalierung von CCS- und CCU-Technologien muss ein entsprechender regulatorischer Rahmen geschaffen werden, aber auch die kommerziellen Bedingungen, Standards im Bereich Technologie und Sicherheit sind entscheidend. Finanzielle und regulatorische Anreize werden helfen, diese Technologie zügig einzuführen. Zusätzlich darf die transparente Kommunikation zur Nutzung dieser Technologien in der Breite der Gesellschaft nicht außer Acht gelassen werden.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema Wasserstoffimporte: Verfügbarkeit, Transport und Infrastruktur entschieden?
Für Uniper ist die Transformation des Energiesystems hin zu Klimaneutralität von zentraler Bedeutung. Grüner Wasserstoff, erzeugt aus erneuerbarem Strom, ist dabei einer der wichtigsten Bausteine insbesondere vor dem Hintergrund, dass Wasserstoff über Sektorengrenzen hinweg Dekarbonisierung ermöglicht. Das Projektportfolio der Uniper zielt darauf ab, großen Mengen an grünem Wasserstoff flexibel in der Bereitstellung und sicher im Bezug bereitzustellen. Dies wird nicht durch ausschließliche Produktion in Deutschland gelingen. Import muss als zweite Säule zwingend etabliert werden.
Die entsprechenden Chancen und Herausforderungen proaktiv zu diskutieren und zu beleuchten ist Hauptantrieb der Partnerschaft zum Thema Wasserstoffimporte: Verfügbarkeit, Transport und Infrastruktur.
Was sind die größten regulatorischen, technischen und politischen Herausforderungen beim Aufbau der H2 Infrastruktur?
Für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes ist es essentiell, dass Infrastruktur als verbindendes Element zwischen Angebot und Nachfrage und zur Sicherstellung von Systemstabilität zeitgleich mit der Marktentwicklung realisiert wird. Geschieht dies nicht, bleiben Wasserstoffanwendungen reine Insellösungen. Zusätzlich entfällt ohne die Einbindung von großskaligen Speichern die Möglichkeit der Harmonisierung von fluktuierender Erzeugung und bandförmiger Nachfrage.
Eine der großen Herausforderungen ist die kostendeckende Finanzierung der langfristigen und kapitalintensiven Investitionen in die notwendige Infrastruktur – insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Investitionen als Anschub eines sich erst entwickelnden Marktes getätigt werden müssen.
Hier braucht es Sicherheit und Planbarkeit für die notwendigen Investitionen. Zur schnellen Realisierung von Infrastruktur braucht es im Weiteren beschleunigte und bürokratisch entschlackte Genehmigungsprozesse und verbindliche rechtlich-regulatorische Rahmenbedingungen.
Welche Rolle spielt LNG – welche Rolle übernimmt Uniper?
Im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit und der Preisstabilität profitiert Deutschland von der Diversifizierung der Versorgungsquellen und der Vermeidung einseitiger Abhängigkeiten: LNG ermöglicht den Zugang zu neuen Lieferanten und kann somit zur Versorgungssicherheit beitragen. LNG ist, im Gegensatz zu Pipelinegas, nicht an einen Lieferanten gebunden. Gerade energieintensive Industrien, auf die mehr als ein Drittel des deutschen Erdgasverbrauchs entfallen, können Erdgas nicht ad hoc ersetzen. Der Anteil von LNG an der europäischen Gasversorgung wird weiter steigen. Bereits heute ist die EU der größte Importeur von LNG weltweit.
Als Betreiber des ersten Anlandungsterminal für LNG in Deutschland trägt Uniper erheblich zur Diversifizierung der Energieimporte Deutschlands bei. Gleichzeitig nutzt Uniper den Terminalstandort in Wilhelmshaven um zukunftsgerichtet den Import von grünen Wasserstoff mit Ammoniak als Trägermedium im Rahmen des Projektes Green Wilhelmshaven zu entwickeln. Ziel ist es, industrielle Abnehmer in ganz Deutschland – vor allem die Stahlindustrie, die chemischen Industrie und die Raffinerien mit grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab zu versorgen.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Kapital für die Energiewende – Woher nehmen?!" entschieden?
Ausreichendes und günstiges Kapital für Investitionen in die Energiewende ist keine Selbstverständlichkeit. Europaweit werden jährlich 620 Mrd. € für die Energiewende benötigt, 580 Mrd. € bis 2030 allein für den Ausbau der Stromnetze. Auch TenneTs Investitionsplan sieht bis 2033 160 Mrd. € vor – 60% davon in Deutschland.
Der Netzausbau in Deutschland macht große Fortschritte. Wir haben gemeinsam mit Gesetzgeber und Behörden in Planung und Genehmigung Geschwindigkeit aufgenommen. Jetzt darf die Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital nicht zu einem neuen Engpass der Energiewende werden.
Gleichzeitig wollen wir die Kapitalkosten so gering wie möglich halten, um die Kostenfrage nicht zur Akzeptanzfrage werden zu lassen. Dafür nehmen wir sowohl Deutschland als auch Europa in den Blick und streben für eine generationsübergreifende Aufgabe eine generationengerechte Finanzierung an.
Wie bewerten Sie den politischen und regulatorischen Rahmen für Investitionen?
Der Rahmen für Investitionen, national wie international, birgt Herausforderungen. Die von der BNetzA zugestandene EK-Verzinsung steht nicht im angemessenen Verhältnis zu den Anforderungen. Internationale Vergleiche zwischen Netzbetreibern zeigen, dass Deutschland für Anleger wenig attraktiv ist. Hier müssen wir gegensteuern.
Zusätzlich beeinträchtigt die Fragmentierung des europäischen Kapitalmarktes die Finanzierungsbedingungen negativ und verteuert sowohl Fremd- als auch Eigenkapital. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen, insbesondere den USA, müssen wir aufholen. Wir unterstützen daher die Kapitalmarktunion als zentrales Projekt der nächsten Europäischen Kommission.
Wir müssen eine Antwort darauf finden, wie wir die Kosten zwischen den Generationen und Sektoren richtig verteilen und gleichzeitig unseren Industriestandort erhalten.
Was sind für Sie als ÜNB die größten Herausforderungen?
Wir stehen vor mehreren Herausforderungen, denn wir sind als Rückgrat der Energiewende unter hohem Druck. Unser Erfolg ist Bedingung für ein Gelingen der Energiewende. Schnell lösen müssen wir vor allem drei Punkte:
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Grüne Herkunftsnachweise: Ausbau-Booster oder Greenwashing“ entschieden?
Als internationale Anwaltskanzlei beraten wir bei CMS die Industrie- und Energieunternehmen sowie Investoren, die im Zentrum der aktuellen Transformationsprozesse stehen. "Grüne" Herkunftsnachweise spielen in diesem Zusammenhang eine prominente Rolle, etwa beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Bewertung von Treibhausgasemissionen, aber auch bei vertraglichen Themen wie PPAs (Power Purchase Agreements) oder – etwas versteckter – bei Ausschreibungsverfahren für Offshore-Windflächen. Das Regelungsgeflecht ist komplex, äußerst dynamisch und hat eine nicht zu unterschätzende internationale Komponente. Das führt zu vielfältigen Fragestellungen – die Antworten und Lösungen müssen wir in der Praxis gemeinsam mit unseren Mandanten erarbeiten. Deshalb liegt uns der gemeinsame Austausch in dieser spannenden Phase beim diesjährigen BDEW Kongress besonders am Herzen.
Worin besteht der Vorwurf des Greenwashing?
Der Vorwurf zielt auf das Wesen des Herkunftsnachweissystems ab und lautet: Herkunftsnachweise könnten nicht wirksam verhindern, dass Elektrizitätsversorger zwar auf dem Papier Ökostrom liefern, selbst jedoch keinen Strom aus Erneuerbaren Energien gewinnen. Stattdessen werde der vermarktete Strom mit Hilfe von zusätzlich eingekauften Herkunftsnachweisen lediglich als „Grün“ etikettiert. Der erforderliche Zubau Erneuerbarer Energien bleibe aus. Die Kritik beruht also auf der systemimmanenten Entkopplung von vermarkteter Strommenge und physischer Lieferung der Energie, d.h. dass Herkunftsnachweise unabhängig von der zugrunde liegenden Strommenge verwendet werden dürfen. Damit geht die Sorge unzulässiger Doppelverwertung der grünen Eigenschaft des Stroms einher – ein Vorwurf, der jüngst (zu Unrecht) zu einem vorübergehenden Importverbot isländischer Herkunftsnachweise in Deutschland führte.
Wie kann eine Zertifizierung von grünen Eigenschaften der Energiewende Schwung verleihen?
Grundsätzlich können Herkunftsnachweise als Marktinstrument einen Beitrag zur Energiewende leisten, vorausgesetzt, die Nachfrage nach Ökostrom seitens der Verbraucher ist hoch. Auch die Kopplung von Erzeugung und Verbrauch durch Herkunftsnachweise ist bereits möglich – das heißt aber nicht, dass hier nicht nachgeschärft werden könnte, etwa durch kürzere Abrechnungsintervalle der Herkunftsnachweise. Im Übrigen werden wir beim Wasserstoffhochlauf beobachten können, welche Wirkungen regulatorische Eingriffe jenseits des Herkunftsnachweissystems haben können: Wasserstoff wird künftig nur dann als erneuerbar gelten und entsprechend zertifiziert werden können, wenn der erforderliche Strom aus einer neu errichteten Erneuerbare-Energien-Anlage stammt. Dieses Prinzip der sog. Additionalität kann dem Zubau der Erneuerbaren Schwung verleihen.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Doppelte Ernte: Mehr Fläche für Erneuerbare“ entschieden?
EDP Renewables ist ein Global Player in der Entwicklung von erneuerbaren Energien. Wir sehen uns als Pioniere der Erneuerbaren und engagieren uns sehr die Energiewende durch Weiterentwicklung und Ausbau voranzutreiben. EDP Renewables engagiert sich für Innovationen und Technologien für erneuerbare Energien und für uns ist es ein logischer Schritt im Stromsektor mehr auf hybride EE-Projekte zu setzen. Dadurch kann langfristig die Effizienz der Projekte gesteigert werden, bspw. durch eine gemeinsam genutzte Infrastruktur, mehr Preisstabilität und einer geringeren Auswirkung auf Landschaft und Umwelt, wenn Flächen effizienter genutzt werden.
Wir haben bereits 15 Wind-PV-Hybridprojekte, teils im Bau und teils in der Entwicklung, mit insgesamt mehr als 200 MW an erneuerbaren Kapazitäten. In Portugal befindet sich Europas größte Floating-PV-Anlage und wir planen erste Agri-PV-Projekte in Deutschland, wobei wir auf langjährige Expertise zurückgreifen können. Wir haben Erfahrungen in der doppelten Nutzung von Flächen, sehen den Mehrwert darin diese EE-Projekte voranzutreiben und dem Thema mehr Gehör zu verschaffen.
Welche verschiedenen Möglichkeiten bietet Agri-PV?
Um die Energiewende voranzutreiben, müssen neue Flächen für erneuerbare Energien erschlossen werden. Gerade im Bereich Agri-PV gibt es Potenziale für eine doppelte Flächennutzung. Bei einer effizienten Kombination von Landwirtschaft und Energieerzeugung können sich erfolgreiche Synergien ergeben, wie beispielweise bei der Kombination von Weidehaltung und PV-Anlagen. Die Grasfläche wird gepflegt, die Nutztiere erhalten Futter und die PV-Anlage generiert erneuerbaren Strom. Zugleich bieten die Anlagen Schutzmöglichkeiten bei verschiedenen Wetterbedingungen.
Aktuell befinden wir uns bei EDP Renewables in der Projektplanung für verschiedenen Agri-PV-Projekte in Deutschland. Dabei liegt unser Fokus auf Flächen mit Anbau für Nutzpflanzen. Und auch für Bauern ist Agri-PV ein attraktives Konzept, da wir als Projektentwickler, Erbauer und Betreiber dem Bauern langfristig Sicherheit für das Projekt bieten.
Beispiel Deutschland: bauernzeitung.de/agrarpraxis/erneuerbare-energien/agri-pv-ostrau/
Wie lassen sich Erzeugung und Speicherung bei PV-Anlagen verbinden?
Bei EDP Renewables sind wir der Ansicht, dass die zunehmende Ausweitung erneuerbarer Energien eine zunehmende Integration mit Speichersystemen wie Batterien erfordern wird. Nur so kann langfristig die geforderte Flexibilität im Stromsystem gewährleitstet werden, was unabdingbar für den weiteren Ausbau sein wird.
In Kombination mit PV-Anlagen bieten Batterie-Großspeicher eine gute Möglichkeit in einer sonnenreichen Zeit den überflüssigen Strom zu speichern und diesen bei einem erhöhten Bedarf wieder ins Netz zu speisen. So können Fluktuationen ausgeglichen und das Potenzial der PV-Anlage besser genutzt werden. Der Großspeicher wird dabei separat neben der Anlage aufgestellt. Zukünftig wird dies auch eine größere Rolle bei Onshore spielen sowie bei hybriden Projekten aus Onshore und PV.
Warum haben Sie sich für eine Themenpartnerschaft „Kraftwerksstrategie: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ entschieden?
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst bis 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Dieses Ziel war von Anfang an ambitioniert und ist aktuell eher unwahrscheinlich. Neben dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien braucht Deutschland dringend zusätzliche gesicherte und flexibel einsetzbare Kraftwerksleistung. Als Energiesystemexperte kann GE Vernova in den nächsten Jahren einen wichtigen Beitrag zum Bau von wasserstofffähigen Gas- und GuD-Kraftwerken in Deutschland leisten. Für unsere Kunden ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, dass sie so schnell wie möglich einen sicheren Rahmen für ihre Investitionen in den Kraftwerkspark erhalten. Ein zügiger Start der in der Kraftwerksstrategie (KWS) vorgesehenen Ausschreibungen ist daher unerlässlich.
Was wären Ihre Wünsche an eine zielgerichtete Kraftwerksstrategie?
Ein effektiver Ansatz für die Entwicklung von Kraftwerken sollte eine langfristige Planung und Investitionssicherheit in den Mittelpunkt stellen, um sowohl den aktuellen als auch den zukünftigen Zubau zu gewährleisten. Als Technologieanbieter für das gesamte Energiesystem hoffen wir auf eine Strategie, die zügige Investitionen in dekarbonisierbare Gaskraftwerke priorisiert. Besonders wichtig sind solche, die mit Wasserstoff betrieben werden können oder Technologien zur Kohlenstoffabscheidung integrieren, um erneuerbare Energiequellen zu unterstützen und gleichzeitig ein robustes und kosteneffizientes Stromsystem sicherzustellen. Wir setzen uns für ein Marktdesign ein, das flexible und saubere Technologien belohnt, um die Sicherstellung ausreichender Kapazität und Zuverlässigkeit im Stromnetz zu ermöglichen. Der Ausbau der Infrastruktur, einschließlich der Stromnetze, des CO2-Transports und der Bereitstellung von Wasserstoff und alternativen Brennstoffen, ist unerlässlich. Zusätzlich bedarf es einer entschlossenen politischen Führung, um transparente Marktregeln zu etablieren, die eine aktive Teilnahme möglichst vieler Akteure fördern und eine stärkere Integration in den europäischen Strommarkt vorantreiben.
Was sind die größten regulatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der zukünftigen Versorgungssicherheit?
Zu den größten regulatorischen Herausforderungen für die zukünftige Versorgungssicherheit in Deutschland gehören die Bewältigung des Übergangs zu erneuerbaren Energiequellen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Netzstabilität, die Bewältigung des Ausstiegs aus der Kohle- und Kernkraft und die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs auf dem Energiemarkt.
In wirtschaftlicher Hinsicht geht es darum, die Kosten für den Übergang zu nachhaltiger Energie für Industrie und Verbraucher bezahlbar zu gestalten, dabei sollten alle Technologien die effektiv und kosteneffizient zur Dekarbonisierung beitragen können unterstützt werden. Des weiteren geht es darum in die Modernisierung der Infrastruktur zu investieren, um ein dezentraleres Energiesystem zu unterstützen. Darüber hinaus stellen geopolitische Faktoren und die Abhängigkeit von Energieimporten und kritischen Rohstoffen ein zusätzliches Risiko für die Versorgungssicherheit dar.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Fachkräfte: Menschen finden – binden - bilden“ entschieden?
Weil die Menschen der entscheidende Faktor in unserer Branche sind. Nur wenn wir gemeinsam an Lösungen arbeiten, die es uns erleichtern, geeignete Arbeitskräfte zu finden, langfristig zu binden und weiterzubilden, können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern und die Energiewende erfolgreich und zeitnah umsetzen. Aber auch über unsere Branche hinaus halte ich es für elementar wichtig, dass Deutschland als Arbeitsstandort attraktiver wird, um den sich bereits abzeichnenden Arbeitskräftemangel durch ausländische Fachkräfte ausgleichen zu können..
Was erwarten junge Arbeitskräfte von ihren Arbeitgebern?
Flexibilität, Weiterbildungsmöglichkeiten, eine offene Unternehmenskultur und die Möglichkeit, einen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft zu leisten, sind für viele wichtiger als ein attraktives Gehalt oder gar ein sicherer Arbeitsplatz. Sie wollen Spaß an der Arbeit haben und einen klaren Weg für ihre berufliche Perspektive aufgezeigt bekommen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, sind die meisten auch bereit, viel zu leisten und sich zu engagieren.
Wie können sich Unternehmen auf die künftigen Anforderungen personell vorbereiten?
Dazu müssen die Unternehmer in dreierlei Hinsicht aktiv werden: Erstens sollte alles daran gesetzt werden, die vorhandenen guten Arbeitskräfte im Unternehmen zu halten, da sie nicht nur wichtige Erfahrungsträger für das Unternehmen sind, sondern auch als wichtige Orientierungshilfe bei der Einarbeitung neuer Mitarbeitende benötigt werden. Zum anderen sollten alle Mitarbeitenden kontinuierlich weiterentwickelt und gefördert werden, um die Lücken, die durch das Ausscheiden erfahrener Mitarbeitenden entstehen, so schnell wie möglich zu schließen. Um darüber hinaus die anstehenden Personalabgänge bei gleichzeitig steigendem Projektvolumen kompensieren zu können, müssen sowohl neue Wege der Personalrekrutierung beschritten als auch die Onboarding- und Einarbeitungsprozesse bestmöglich optimiert werden.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Wasserstoffimporte: Verfügbarkeit, Transport und Infrastruktur“ entschieden?
Wenn wir in Deutschland bis 2045 klimaneutral werden möchten, kommen wir um Wasserstoff nicht herum. Die Bundesregierung macht in der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie deutlich, dass in den 2030er-Jahren und danach ein Großteil des deutschen Bedarfs an Wasserstoff und seinen Derivaten aus Importen gedeckt werden muss. Equinor investiert in Norwegen und in ganz Europa in Wasserstoffprojekte und kann in vergleichsweiser kurzer Zeit große Mengen zur Verfügung stellen. Damit die deutschen Ziele für den Einsatz von Wasserstoff und die Dekarbonisierung der Industrie für 2030 erreicht werden können, müssen so bald wie möglich eine Vielzahl an Weichen gestellt werden. Wie das gelingen kann, möchten wir auf dem BDEW-Kongress diskutieren.
Was sind die größten Herausforderungen bei der internationalen Beschaffung von Wasserstoff?
Damit morgen der Wasserstoff in ausreichenden Mengen bei der deutschen Industrie ankommt, müssen heute viele Dinge gleichzeitig angegangen werden. Schon jetzt müssen für den Import die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, sodass in den nächsten Jahren genügend Wasserstoff für die Transformation der Industrie zur Verfügung steht. Dazu gehört die Errichtung der gesamten Wertschöpfungskette, d.h. die Erzeugung von Wasserstoffanlagen im In- und Ausland, der der Bau von Importterminals, Import-Pipelineinfrastruktur, die Anbindung an das Wasserstoff-Kernnetz und Speicher. Eine große Herausforderung liegt aus meiner Sicht in der Gleichzeitigkeit mit vielen anderen Aufgaben: Der Bau des Kernnetzes und die Umstellung energieintensiver Prozesse von fossilen Energien auf Wasserstoff, um nur zwei zu nennen. Dabei sollten wir alle Technologien zulassen, die nachweislich die CO2-Emmissionen reduzieren. Wenn all diese Aufgaben in der notwendigen Geschwindigkeit angegangen werden, kann der Wasserstoffhochlauf in Deutschland zum Erfolg werden.
Welche Rolle werden Pipelines bei der Belieferung Deutschlands mit Wasserstoffspielen?
Pipelines werden eine herausragende Rolle bei der Deckung der deutschen Nachfrage nach Wasserstoff spielen. Wenn es um den zuverlässigen Transport großer Mengen mit möglichst wenig Emissionsverlusten geht, können sie ihre Vorteile voll ausspielen. Doch um den Bedarf zu decken, braucht Deutschland einen Mix an Importinfrastruktur. Dazu gehören neben Pipelines auch Empfangsterminals für Ammoniak und flüssigem Wasserstoff. Die deutsche Bundesregierung und die norwegische Regierung haben Anfang 2023 bekräftigt, eine Wasserstoffpipeline von Norwegen nach Deutschland weiter zu verfolgen. Eine solche Pipeline könnte in den 2030er-Jahren einen erheblichen Beitrag zur Deckung des deutschen Wasserstoffbedarfs leisten.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Kapital für die Energiewende – Woher nehmen?!" entschieden?
Der Umbau unseres Energiesystems zu einem weitgehend klimaneutralen System wird in weiten Teilen durch die Energieversorger und Stadtwerke umgesetzt. Dies stellt die Energieversorger vor enorme Herausforderungen, da vielfach unklar ist, wie hoch der Investitionsbedarf ist und welche Technologien, insbesondere in der Wärmeversorgung, die sinnvollsten darstellen. Daneben erschweren fehlende interne und externe Ressourcen den Aus- und Umbau der Energie- und Wärmeversorgung. Hinzu treten zunehmende Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung, da die Fördermittel unsicherer geworden sind und sich zeitgleich Kredite deutlich verteuert haben.
Wie sehen Sie die Kapitalbedarfe für die Energietransformation über einen längeren Zeitraum?
In unserer Studie haben wir ermittelt, welche Investitionen für den Umbau unseres Energiesystems bis 2050 erforderlich sind. Betrachtet man ausschließlich die Investitionen, die die Energiewirtschaft für Netzaus- und -umbau sowie THG-neutrale Energieerzeugung aufbringen muss, so kann dies mit fast einer Billion bis 1,3 Billion Euro beziffert werden, je nach dem Tempo in der Umsetzung.
Wie schätzen Sie die Kapitalmarktfähigkeit der Energieversorger ein?
Seit 2014 analysiert PwC regelmäßig die finanzielle Verfassung von mehrheitlich kommunalen EVUs auf Basis ihrer veröffentlichten Jahresabschlüsse. Man kann dort deutlich nachvollziehen, dass die Investitionstätigkeiten zunehmen. Dadurch nehmen jedoch die Verschuldungsgrade zu und Eigenkapitalquoten gehen zurück. Diese Finanzlage, welche sich durch die gestiegenen Zinsen verschärft hat, nötigt EVUs dazu, intensiv ihre individuelle wirtschaftliche Lage zu analysieren und zukunftsweisend die Weichen zu stellen. Denn mit den hohen Investitionsanforderungen der kommenden Jahre wird sich die Situation nicht entschärfen. Wie dies gelingen kann und welche Schritte sinnvoll vollzogen werden, diskutieren wir in unserer Themensession am 5. Juni 2024 um 16:40 Uhr auf dem BDEW Kongress
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Wasserstoffhochlauf: Kosteneffiziente Systemoptimierung mit grünem Wasserstoff“ entschieden?
Wir haben uns für eine Partnerschaft mit dem BDEW entschieden, da wir als Unternehmen genau wie der BDEW mit seinem 2.000 Mitgliedsunternehmen die Transformation und Dekarbonisierung des Energiesektors mit nachhaltigen und zukunftsfähigen Lösungen vorantreiben wollen. Wir verstehen, wie wichtig und essenziell eine solche koordinierte und zielorientierte Zusammenarbeit für die Erreichung der Klimaziele ist. Als internationales Beratungsunternehmen mit einem Schwerpunkt auf nachhaltigen Lösungen für die Energiewirtschaft haben wir insbesondere die Optimierung der Energiesysteme, Förderung von erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und die Integration innovativer Technologien wie grüner Wasserstoff im Blick.
Wie sehen Sie die zukünftige Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff in Deutschland?
Ob Wasserstoff als alternativer Energieträger sich langfristig wirtschaftlich rechnet hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Man muss sich genau anschauen, für welche Anwendungsgebiete Wasserstoff das größte Potenzial zur Dekarbonisierung bietet und hier schon früh Abnehmervereinbarungen treffen. Dabei sehen derzeit die Anwendungen in Industrie und Mobilität am vielversprechendsten aus.
Ein wichtiger Faktor ist die Verfügbarkeit von günstigem grünem Strom, denn nur so können wir die Kosten für die Herstellung sinken und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Hier müssen frühzeitig Bezugsvereinbarungen abgeschlossen werden.
Darüber hinaus spielen politische Maßnahmen eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Wasserstoffwirtschaft. Subventionen, Förderprogramme und regulatorische Rahmenbedingungen können natürlich dazu beitragen, Investitionen in Gang zu bringen.
Was sind die wichtigsten politischen Weichenstellungen für einen wirtschaftlichen H2-Hochlauf?
Meiner Meinung nach braucht es ein konzertiertes Vorgehen der verschiedenen Stakeholder, um die Infrastruktur aufzubauen, Investitionen anzukurbeln und Marktmechanismen zu schaffen, die die Nutzung von Wasserstoff fördern. Solche Instrumente sind die Förderung von ersten größeren Elektrolyse-Projekten, klare Regulatorik für Finanzierungs- und Planungssicherheit, steuerliche Anreize für Unternehmen, die auf Wasserstoff setzen und Förderung der nationalen und europäischen Zusammenarbeit für einen raschen Ausbau der Transportinfrastruktur.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Vom Hype zum Boom - Stromspeicher zwischen Anspruch und Wirklichkeit" entschieden?
Durch den zuletzt erfreulich starken Ausbau der erneuerbaren Erzeugung und den notwendigen Rückbau der fossilen Stromerzeugung verliert das Energiesystem steuerbare Erzeugung und wird zunehmend volatiler. Die Integration Erneuerbarer, die bisher durch flexible, aber fossile Erzeuger geleistet wurde, muss zunehmend durch CO2-freie Flexibilitäten abgelöst werden, damit Versorgungssicherheit und Systemstabilität klimaneutral gewährleistet werden kann. Bei Trianel beschäftigen wir uns seit mehreren Jahren mit dem Geschäftsfeld Flexibilität. Sowohl im Bereich Wasserstoff als Langfristspeicher, Wärmespeicherung als Mittelfristspeicher, aber zuletzt vor allem in Form von Batteriespeichern als Kurzfristspeicher. Batteriespeicher sind durch ihre relativ günstig verfügbare Leistung und einfache Skalierbarkeit DER Enabler der erneuerbaren Energien. Das Pumpspeicherwerk von heute ist ein Batteriespeicher.
Was sind die größten technischen und betriebswirtschaftlichen Innovationen in diesem Bereich? Welche Geschäftsmodelle ergeben sich?
Wir beobachten seit rund 1,5 Jahren, dass immer größere Batteriespeicherprojekte angekündigt werden, die in der Summe mehrere Gigawatt an Leistung erreichen. Aber auch die Summe der Kleinspeicher nimmt stetig zu. Das ist zu einem Teil auf die starken Strompreisschwankungen der letzten Jahre zurückzuführen. Die Erneuerbare Erzeugung ist so weit gestiegen, dass der Börsenpreis bei hoher Erzeugung substanziell nachgibt. Damit entsteht ein Spread, der Speicher wirtschaftlich werden lässt. Der Zubau von Speichern wird auch immer wichtiger, damit der Wert des erneuerbaren Stroms nicht ins Bodenlose fällt. Strategische Investoren mit einem großen Erzeugungsportfolio sind daher daran interessiert, eine Beimischung von Speicherprojekten ins Portfolio zu nehmen.
Ein zweiter wesentlicher Innovationstreiber ist nach wie vor die Elektromobilität, die jedes Jahr Milliarden investiert, um Batteriespeicher günstiger und umweltverträglicher zu machen.
Ein drittes Innovationsfeld ist sicherlich die Entwicklung KI-optimierter Algorithmen, die die Flexibilität der Speicher ideal am Strommarkt vermarkten.
Was sind die größten regulatorischen, technischen, politischen Herausforderungen?
Der Boom von Ankündigungen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bislang kein Konzept für die langfristige Absicherung der Projekte gibt. Damit meinen wir nicht, dass es eines Fördermodells bedarf. Es wird die Zusicherung benötigt, dass verlässliche Rahmenbedingungen über die Lebensdauer eines Speichers festgeschrieben werden, damit Planungs- und Investitionssicherheit besteht. Begrüßenswert wäre es, wenn Speicher als Element der Energieversorgung als eigenständige Kategorie gewertet würden und nicht als „Letztverbraucher“ oder „Erzeuger“ kategorisiert würden. Kurzfristig sollten Batteriespeicher dauerhaft von Netzentgelten befreit werden. Wichtig ist es auch, dass die sogenannte „Grünstrom-Eigenschaft“ während der Speicherung erhalten bleibt. Diese verliert der Strom zurzeit noch, wenn der Speicher gemischt genutzt wird.
Wir begrüßen daher die angekündigte Speicherstrategie der Bundesregierung und erhoffen uns verlässliche Rahmenbedingungen, damit die Branche auch weiterhin in dieses Zukunftsfeld investiert. Ohne diese wichtigen Investitionen in Flexibilitätsoptionen droht die Energiewende zu scheitern.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Next Level: Digitaler Zwilling für effiziente Energienetze!“ entschieden?
Weil neue Herangehensweisen und Technologien für den Umbau der Energieversorgung und damit der Netzbewirtschaftung unerlässlich sind. Virtuelle Abbildungen und somit digitale Zwillinge sind bereits heute essentielle Bestandteile unseres Kerngeschäfts, insbesondere für die Leitwarte. Dabei waren diese stets im Silo (Leitwarte) für einen ausgewählten Business Case (Netzführung) kontinuierlich im Einsatz. Die Energieversorgung ist in einem Wandel und erlebt eine Vielzahl an Paradigmenwechseln (Energiewende, Sektorenkopplung, …). Mit veränderten Rahmenbedingungen, wie die immer dezentralere und volatilere Erzeugung, können Solo-Lösungen – sprich einzelne Digitale Zwillinge – nicht effizient genutzt werden. Insbesondere für die Niederspannung wird das schwer, da dort eine extreme Anzahl an Assets und Prozesswerte erwartet werden und eine effiziente und wirtschaftliche Netzbewirtschaftung nur im Dreiklang von Netzführung, -service und -planung realisierbar ist. Demzufolge bedarf es für beobachtbare und steuerbare Energienetze die Schaffung von Synergien und den Aufbau eines ganzheitlichen und konsistenten Digitalen Zwillings.
Wie kann die Energiebranche mit der steigenden Datenflut umgehen?
Ein großer Meilenstein hierzu ist das Stammdatenmanagement und die Schaffung einer skalierbaren Datenplattform in der Anlagen- und Netzdaten als auch Live-Messdaten und historische Messreihen ohne Informationsbruch abgelegt werden. Daraus entstehen Massendaten die somit eine Datendrehscheibe und eine Single Source of Truth für die digitale und effiziente Netzbewirtschaftung bilden.
Hierdurch entstehen Mehrwerte wie:
Wir empfehlen daher die Erstellung einer Digitalisierungsstrategie als individuelle Roadmap. Dazu gehört die Analyse der strategischen Entwicklung des Netzes genauso wie operative Themen zur Rechenbarkeit der Netze oder die EnWG 14a Ausgestaltung sowie das Zielbild einer sich veränderten Systemlandschaft. PSI hat für die Bewältigung von Digitalisierungsanforderungen eigens ein Beratungsteam aufgebaut, um Netzbetreiber in den noch unklaren Anforderungen zu Architektur, Interoperabilität und den notwendigen Softwarefunktionen zu begleiten.
Welche Chancen bietet die Automatisierung für die Flexibilität des Gesamtsystems?
Die Automatisierung bietet zahlreiche Chancen für die Flexibilität des gesamten Energienetzes.
Spezifische Chancen sind:
Die Niederspannung hat gerade in der Digitalisierung noch etwas Aufholbedarf, wobei wir eine ganzheitliche Automatisierung anstreben müssen. Denn nur auf Basis von digitalen Prozessen und einer digitalen Niederspannungsnetzbewirtschaftung wird die Flexibilität des Energienetzes genutzt und die Zuverlässigkeit der Energieversorgung zukünftig sichergestellt.
Das Gesamtsystem befindet sich in einem Wandel, sodass wir sukzessive auch Flexibilität aus der Niederspannung für die Stabilität des Gesamtsystems benötigen. Durch einen ganzheitlichen Digitalen Zwilling können verschiedene hierarchische Kaskaden initialisiert und bei gleichzeitigen, klaren Verantwortlichkeiten und Bedienbarkeiten realisiert werden. Wir als PSI unterstützen Netzbetreiber mit niedrigen Einstiegshürden in die Digitalisierung zum Netzbetrieb der Zukunft.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema Künstliche Intelligenz für die Energiewirtschaft nutzen entschieden?
Partnerschaften sind für uns als Capgemini ein wichtiger Bestandteil zur Ergänzung unseres Portfolios. Partner bereichern und erweitern unsere Services in vielerlei Hinsicht. Gerade im Bereich Künstliche Intelligenz, wo sich Technologien rasant weiterentwickeln, ist es essenziell sich mit Partnern abzustimmen, um Forschung und Innovation zu lenken und Parallelaufwände zu vermeiden. Auch können wir, zusammen mit unseren Partnern, schneller und flexibler auf Kundenanfragen reagieren und diese besser und individueller umsetzten. Das Thema Künstliche Intelligenz wird sich in den nächsten Monaten und Jahren noch in unterschiedliche Bereiche entwickeln und die Zusammenarbeit mit unseren Partnern stellt sicher, dass wir hier immer an der Spitze der Entwicklungen in diesem Bereich sind.
Was versteht man „langläufig“ unter KI im Zusammenhang mit der Energiewirtschaft?
Die Energiewirtschaft steht unter großem Druck. Neben der Energiewende, den geopolitischen Verwerfungen und den zunehmenden regulatorischen und gesetzlichen Anforderungen geht auch der Wandel vom Kunden zu Prosumer einher. Zudem hat die Branche mit Fachkräftemangel und Überalterung zu kämpfen. Diese Herausforderungen zu meistern und gleichzeitig das eigene Unternehmen zu transformieren ist eine Mammut-Aufgabe für die Energieunternehmen.
KI kann hier in dreierlei Hinsicht unterstützen:
Was müssen Unternehmen in der Energiewirtschaft beachten, bevor oder während Sie KI einsetzten?
Gerade am Anfang, wenn Unternehmen beginnen sich mit den Vorteilen von KI auseinanderzusetzten, ist es wichtig eine Strategie festzulegen: Was will das Unternehmen mit KI erreichen, welche Anwendungsfälle lohnen sich (am meisten) und wie soll KI implementiert und skaliert werden. Dazu gehört u.a. ein Governance Modell, das alle Beteiligten im Unternehmen an einen Tisch bringt und regelt, wie KI einsetzt werden soll. Daneben ist zu definieren in welchem Bereich die KI-Lösung eingesetzt werden soll und ob hier ausreichend und qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung stehen. Es ist auch essenziell nicht nur die interne Sichtweise zu betrachten und Mitbestimmungsgremien einzubeziehen, sondern auch Kundeninteressen und Datenschutzrecht mit zu berücksichtigen. Solche Assessments sind Teil unserer Strategiedefinition und können helfen gerade am Anfang „teure“ Fehler zu vermeiden.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Doppelte Ernte: Mehr Fläche für Erneuerbare“ entschieden?
Der Klimawandel schreitet stetig voran, maßgeblich verursacht durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Abholzung von Wäldern zur Flächengewinnung. Ein Baustein, um diese Entwicklung zu verlangsamen, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Dabei spielen Freiflächensolaranlagen eine wichtige Rolle, die allerdings Flächen brauchen – und die sind knapp. Als Rechtsanwalt arbeite ich seit vielen Jahren im „Maschinenraum“ der Energiewende. Vor knapp 10 Jahren stieß ich auf das Thema Agri-PV, das damals noch ein Nischenthema war. Die Idee hat mich sofort überzeugt und auch mein Herz als Naturwissenschaftler höher schlagen lassen: Durch die Doppelnutzung können Nutzungskonflikte zwischen Energiewende und Agrarproduktion vielleicht nicht ganz aufgelöst, aber doch deutlich entschärft werden. Das ist für die Akzeptanz ein wichtiger Punkt. Zudem steigt die Flächeneffizienz, indem Photosynthese und Photovoltaik miteinander kombiniert werden.
Welche verschiedenen Möglichkeiten bietet Agri-PV?
Den ersten Nutzen habe ich bereits oben dargestellt: Agri-PV steht für die Nutzung einer Fläche für die Agrar- und Energieproduktion. Allein der Blick auf die Doppelnutzung wird der Agri-PV allerdings nicht gerecht. Für Landwirte bietet Agri-PV die Möglichkeit, sich wirtschaftlich durch die Energieerzeugung breiter aufzustellen. Ein zweites Standbein auf derselben Fläche sozusagen. Agri-PV kann die Landwirtschaft zudem fit für den Klimawandel machen: Die Kulturen werden vor Extremwetter wie Starkregen, Hagel oder Sonnenbrand geschützt, die Verdunstung reduziert oder die Bodenerosion vermindert. Auch bei der Tierhaltung können sich Vorteile ergeben. Zwar hängt der Erfolg von Agri-PV von deren Planung ab, aber das Potenzial ist groß. Je nach Design verändern Agri-PV-Anlagen zudem das Landschaftsbild - verglichen mit „klassischen“ Freiflächenanlagen - weniger, da sie nicht „eng an eng“ errichtet werden. Auch dies kann die Akzeptanz solcher Anlagen erhöhen.
Wie lassen sich Erzeugung und Speicherung bei PV-Anlagen verbinden?
Da die Stromerzeugung bei Agri-PV-Anlage volatil ist, ist die Verbindung mit einem Speicher sinnvoll. Scheint die Sonne und wird der Strom nicht benötigt, kann er so lange „geparkt“ werden, bis die Nachfrage - und damit auch die Marktpreise - wieder höher sind. Eine solche Anlagenkombination kann zum Beispiel über die Innovationsausschreibungen gefördert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann für den ausgespeicherten Strom auch eine finanzielle Förderung nach dem EEG beansprucht werden. Speicher können aber z.B. auch genutzt werden, um Kostenbelastungen zu reduzieren, Regelenergie bereit zu stellen oder Netzengpässe zu beseitigen. Die Alleskönner stoßen allerdings in rechtlicher Hinsicht teilweise an ihre Grenzen und können nicht zeigen, was in ihnen steckt. Daher ist es sehr zu begrüßen, dass das BMWK mit seiner Stromspeicher-Strategie daran etwas ändern möchte.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Fachkräfte: Menschen finden – binden - bilden“ entschieden?
Qualifizierte Fachkräfte sind ein zentraler Baustein für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende. In Zukunft geht es nicht nur darum, altersbedingt ausscheidende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ersetzen, sondern auch darum, zusätzliche Fachkräfte für die Modernisierung, Transformation und Digitalisierung der Energiesysteme zu gewinnen. Gelingt es nicht, diese Fachkräfte rechtzeitig im erforderlichen Umfang zu rekrutieren, müssen neue Lösungen gefunden werden. Das kann zu Transformationsprozessen in den Unternehmen selbst führen. Als Partner der Energiewirtschaft begleiten wir diese herausfordernden Fragestellungen.
Was erwarten junge Arbeitskräfte von ihren Arbeitgebern?
Wir machen in Recruiting-Prozesse und in Gesprächen mit Kunden die Erfahrung, dass insbesondere die Generation Z und die Millennials ein ausgeprägtes Identitätsbewusstsein haben. Dementsprechend spielen Sinnhaftigkeit, Zukunftsaussichten und Feedbackkultur eine entscheidende Rolle bei der Berufs- und Arbeitgeberwahl. Nicht minder wichtig sind die Erwartungen an die Flexibilität von Arbeitsort und Arbeitszeit sowie die Gestaltung der Arbeit.
Was bei dieser Diskussion nicht vergessen werden darf: Junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen in einem Umfeld arbeiten, das eine ausgewogene Generationenstruktur aufweist.
Wie können sich Unternehmen auf die künftigen Anforderungen personell vorbereiten?
Ein Ansatzpunkt können flexible Karriere- und Entwicklungswege sein – ganz nach dem im Titel beschriebenen Dreiklang „Menschen finden - binden - bilden“. Neben dem personellen Aspekt spielt auch der organisatorische eine wichtige Rolle. Mit Blick auf den Fachkräftemangel gilt es zukünftig noch mehr denn je, Arbeitskräfte möglichst effizient einzusetzen. Weitere Möglichkeiten für Unternehmen, ihre Prozesse zu optimieren, können durch Automatisierung, den Einsatz von KI oder Kooperationsmodelle entstehen.
Derzeit sind viele Unternehmen damit beschäftigt, neue regulatorische (Mindest-)anforderungen zu erfüllen. Warum ist es zu kurz gesprungen, die ESG-Regulatorik auf Reporting und Risikovermeidung zu reduzieren?
Weil ESG ein echter Werttreiber für Unternehmen sein kann! Das Ziel der Regulatorik ist es, einheitliche Standards zu setzen und Investoren, Kapitalgebern aber auch Kunden, Mitarbeitenden und Geschäftspartnern ein transparentes Bild über die ESG-Performance von Unternehmen zu bieten. Diese Vergleichbarkeit ist eine Chance für diejenigen Unternehmen, die in Sachen Nachhaltigkeit wirklich gut sind. Durch klare Regeln über was, wie berichtet werden muss, können sich diejenigen, die frühzeitig die nachhaltige Transformation angestoßen haben, deutlich besser im Wettbewerb differenzieren als dies bisher der Fall war. Denn bei den zahllosen freiwilligen Berichtsstandards musste der Leser bzw. die Leserin bisher schon sehr tief in der Materie stecken, um den wahren Aussagegehalt ableiten zu können.
Wie lässt sich die Umsetzung der CSRD-Reportingpflichten so gestalten, dass auch wirklich Mehrwert für die Unternehmen entsteht, und worin liegen diese Mehrwerte?
Um Mehrwert aus den Reportingpflichten zu ziehen, kommt es darauf an, das Thema Nachhaltigkeit richtig im Unternehmen zu verankern. Das beginnt bei der Frage nach der Governance und geht bei der Operationalisierung der gesetzten Nachhaltigkeitsziele weiter. Um es ganz konkret zu machen: Unternehmen brauchen Aktionspläne zur Umsetzung der definierten Ziele und sie müssen diese mithilfe von KPIs nachhalten. Diese Transaprenz hilft ihnen nicht nur bei der Zielerreichung, sondern eröffnet auch Spielräume für neue strategische Diskussionen. Hier löst die CSRD zwangsläufig eine systematische Strukturierung der bereits bestehenden Nachhaltigkeitsaktivitäten aus und die zukünftig entstehende Transparenz verbessert die unternehmensinterne Steuerung deutlich.
Wird der „Reportingdschungel“ im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit weiterhin immer größer?
Betrachtet man nur die reine Anzahl an Vorgaben, lautet die Antwort ja. Die Liste an regulatorischen Abkürzungen, mit denen sich Unternehmen in Deutschland auseinandersetzen müssen, wird immer länger: Auf die Corporate Sustainability Reporting Directive (kurz CSRD) folgen CSDDD, LKSG und DCGK; für Banken gilt die SFDR – um nur einige Beispiele zu nennen. Gleichzeitig sorgt die CSRD jedoch auch für Orientierung in diesem Dschungel. Sie etabliert einen Standard, an dem sich ESG-Ratingagenturen und außereuropäische Standards anlehnen und dem neue europäische Regelungen folgen. Insofern ist die erstmalige Umsetzung der Reportingpflichten für Unternehmen sicher komplex, in Zukunft werden die neuen Standards jedoch für eine deutliche Vereinfachung – und damit auch eine Zeitersparnis – sorgen.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Next Level: Digitaler Zwilling für effiziente Energienetze!“ entschieden?
Das Thema klingt zunächst sehr trocken und theoretisch, adressiert aber eine der drängendsten Fragen in der Energiewirtschaft: Wie kann der dringend erforderliche Ausbau der Infrastruktur (Transport- und Verteilnetze, Wasserstoff, usw.) gelingen, während wir gleichzeitig unter anderem mit einem erheblichen Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Ohne diese sehr umfangreichen Anlagenbauprojekte kann die Energiewende nicht gelingen.
Es ist mir ein persönliches Anliegen, dem beim BDEW-Kongress anwesenden Management der Energiewirtschaft die entsprechende Bedeutung von Modularisierung auf Basis von Digitalisierung und das zukünftige enorme Potenzial von künstlicher Intelligenz auf Basis von strukturierten Daten darzulegen.
Wie kann die Energiebranche mit der steigenden Datenflut umgehen?
„Datenflut“ klingt eher negativ und nach einer besonderen Herausforderung. Nach meiner Überzeugung müssen wir dies anders betrachten. Die Daten unserer Anlagen sind von großer Bedeutung und bilden die Grundlage für wichtige Innovationen und Optimierungen im Betrieb der heutigen und bei der Konzeption und dem Bau von zukünftigen Anlagen. Dazu müssen die Daten idealerweise strukturiert und intelligent verknüpft vorliegen. Um dies zu erreichen, müssen über alle Lebensphasen einer Anlage, von der Konzeption bis zum Abbau, die Daten in entsprechend übergreifenden Systemen erfasst und aktuell gehalten werden. Man spricht dann vom „digitalen Zwilling“. Dieser „digitale Zwilling“ ist, wie oben beschrieben, ein „Enabler“ für einen drastisch beschleunigten und effizienteren Bau und Betrieb der Anlagen.
Welche Chancen bietet die Automatisierung für die Flexibilität des Gesamtsystems?
Die Automatisierung ist ein wichtiger Treiber für die Flexibilität des Gesamtsystems. Dabei sehen wir Automatisierung heute auf einem höheren Level als in der Vergangenheit. Heute sind bereits einzelne Komponenten beziehungsweise Geräte in sich digital und intelligent und lassen sich sehr flexibel konfigurieren. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „digitalen Umspannwerk“. Anlagen, die auf diesen Technologien beruhen, sind sehr viel flexibler einsetzbar als bisherige Anlagen, bei denen für eine Erweiterung oder Veränderung der Funktionalität oft ein Umbau notwendig ist.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass viele Technologien verfügbar sind. Die Herausforderung besteht nach meiner Erfahrung darin, durch visionäre Managemententscheidungen die Strukturen und Prozesse in den Unternehmen so anzupassen, dass diese Technologien genutzt werden können und somit das „Next Level“ in Sachen Effizienz zu erreichen.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Prosuming – Herausforderung und Chancen für EVU" entschieden?
Die klassische Rollenverteilung zwischen Konsumenten und Produzenten löst sich auf. Die Photovoltaik sowie der Einbau von Stromspeichern boomen, Wärmepumpen werden zunehmend eingebaut und generell nimmt das Streben nach Autarkie bei den Kunden weiter zu. Jede Immobilie wird damit perspektivisch sowohl zum Produzenten als auch zum Konsumenten von Energie. Energiewirtschaftliche Möglichkeiten für die Kunden gewinnen deshalb verstärkt an Bedeutung. Die Energieversorger verfügen über eine hohe Reputation und gute Kundenzugänge. Das ist eine Chance, um Plattform-Angebote für den integrierten Betrieb der Hausinfrastrukturen zu machen. Aber diese Chance muss auch aktiv gestaltet werden, weil es jenseits der klassischen Energieversorger viele andere Anbieter geben wird, die mit unseren Kunden wachsen wollen.
Welche Herausforderungen sehen Sie im Bereich Prosuming?
Es entstehen für uns als EVUs viele Potenziale für eine zukunftsträchtige Wertschöpfung. Die Kunden von Wohn- und Gewerbeimmobilien werden erwarten, dass sie neben dem Energieeinkauf auch Unterstützung beim Management ihres Energieportfolios und ihrer spezifischen Strategien bekommen. Dazu müssen die unterschiedlichen Geräte vernetzt, auf individuelle Nutzungsprofile ausgerichtet und im Hinblick auf Kosten und Emissionen optimiert werden. Das ist eine gänzlich neue Anforderung. Mit den neu entstehenden Kundenbedürfnissen verlieren Commodity-Leistungen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig sind die Voraussetzungen für neue Geschäftsmodelle gegeben. Ihr Aufbau ist allerdings eine enorm anspruchsvolle Aufgabe.
Wie begegnet die GASAG diesen Herausforderungen?
EVUs müssen miteinander kooperieren. Wir arbeiten bei diesem Thema am Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft, zu der viele große, mittelgroße und kleinere Versorger zählen. Wir wollen eine skalierbare Lösung entwickeln, an der jedes regional ausgerichtete EVU teilhaben kann – mit einer Investition, die die jeweilige Größe und die finanziellen Möglichkeiten berücksichtigt. Unser Ansatz ist, unterschiedliche bereits existierende Lösungsbausteine und Kompetenzen zu kombinieren, zu integrieren und fehlende Puzzleteile zu ergänzen. Parallel entwickeln wir ein Geschäftsmodell, um die Größeneffekte einer gemeinsamen Plattform zu nutzen und die Wertschöpfung der Prosumer-Optimierung im Wesentlichen bei den beteiligten Versorgern zu lassen.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Prosuming – Herausforderung und Chancen für EVU" entschieden?
Prosuming markiert eine tiefgreifende Transformation der Energiemärkte und die Abkehr von der klassischen Trennung zwischen Konsumenten und Produzenten. Der Ausbau regenerativer Energien führt in eine dezentrale Energiewelt, in der Haushalte über Photovoltaik, Wärmepumpen, Speichertechnologien oder Elektroautos mit entsprechender Ladeinfrastruktur verfügen. Dadurch treten sie als Prosumer in ein neues Verhältnis zum Energiemarkt. Sie können mit ihren Profilen und Strategien die Netzlast auf vielfältige Art beeinflussen.
Durch diese Beweglichkeit entstehen sogenannte energiewirtschaftlichen Optionalitäten, die neue Chancen für alle Marktteilnehmer eröffnen. Als m3 wollen wir dazu beitragen, diese Transformation im Sinne der Konsumenten, Energieversorger und einer erfolgreichen Energiewände zu gestalten.
Welche Rolle spielt die Entwicklung hin zu Prosuming für die etablierten Energieversorger?
Einerseits erwarten Prosumer von den Energieversorgern nicht einfach Unterstützung beim Energieeinkauf sondern auch beim aktiven Management ihres Energieportfolios. Dabei entsteht Raum für gänzlich neue Geschäftsmodelle. Diese Möglichkeiten nicht zu nutzen, ist für die etablierten Versorger eigentlich keine Option. Denn wenn neue Spieler mit innovativen Plattform-Angeboten zum integrierten Betrieb der Hausinfrastruktur in den Markt drängen, werden die Kunden wechseln, wodurch die Vertriebsseite verloren geht. Andererseits kann die Nutzung energiewirtschaftlicher Optionalitäten dabei helfen, teure netzzustandsabhängige Eingriffe zu reduzieren.
Mit diesen Veränderungen ist eine Komplexität verbunden, die gerade kommunale Versorger nicht im Alleingang stemmen können. Erforderlich ist deshalb ein kooperativer Ansatz. Aktuell arbeiten wir mit mehr als 20 EVU an einem entsprechenden Pilotprojekt.
Welche Bereiche sind betroffen von der Strategie bis hin zum Vertrieb?
Es ist einfacher zu sagen, welcher Bereich bei diesem Wandel nicht betroffen ist. Die energiewirtschaftlichen Optionalitäten müssen bepreist und vermarktbar gemacht und die Wertschöpfung rund um Netzentgelte und Services aufgebaut werden. In technischer Hinsicht erfordert effektives Energiemanagement in einem Prosumer-Markt eine Objektabbildung der Gebäude, Zugänge zu intelligenten Messsystemen, oder die Möglichkeit zur Steuerung der Geräte über Hersteller-Schnittstellen. Das alles muss in stabilen, skalierbaren und anwenderfreundlichen Plattformen gebündelt und durch leistungsfähigen Kundenservice unterstützt werden. Die Stadtwerke verfügen über exzellente Kundenzugänge, Vertrauen und starke lokale Präsenz. Wenn sie rechtzeitig gute Lösungen in den Markt bringen, werden sie zu den Gewinnern dieser Transformation zählen.
Warum haben Sie sich für eine Teilnahme als Partner auf dem BDEW Kongress 2024 entschieden?
Die Energiebranche erlebt derzeit einen noch nie dagewesenen Umbruch. Die Aufgaben, die für alle Beteiligten anstehen, sind enorm. Um diese Herausforderungen zu meistern, braucht es die Kompetenz und den Austausch der wichtigsten Player aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Verbänden. Als größter Branchentreff der Energiewirtschaft steckt der BDEW-Kongress alljährlich den Rahmen für diesen Austausch. Einzigartig ist die Zusammenstellung der Teilnehmenden: Hochranginge Politiker, Branchenkenner sowie Entscheider aus der Industrie und vor allem der Praxis kommen jedes Jahr nach Berlin. Uns ist es wichtig, diesen Austausch zu unterstützen. Darum sind wir bereits seit vielen Jahren als Partner des BDEW-Kongress dabei. Und zwar ganz konkret vor Ort: Mit dem EMH-Coffee-Bike versorgen wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch in diesem Jahr wieder mit der notwendigen Portion Energie. Damit alle wach sind für die Energieversorgung der Zukunft.
Was sind für Sie auf dem Kongress die wichtigsten Themen?
Es geht jetzt vor allem darum, den Netzanschlusspunkt im Haus optimal für die Energiewende, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher und das Netz auszurüsten. Dazu gehören so hochaktuelle Themen wie die intelligente Umsetzung des § 14a, die Versorgung mit PV-Eigenstrom – Stichwort Prosumer – und das Bereitstellen von dynamischen Tarifen – und zwar risikoarm und mit großem Einspareffekt. Der Energieversorger im Spannungsfeld zwischen Wettbewerb, hohen Strompreisen und neuen Tarifen steht für mich dabei ganz oben auf der Agenda. Netz, Verbraucher, Lieferant: Dieses Interessendreieck müssen wir bei der Neugestaltung der Energiesysteme im Blick haben.
Was macht für Sie ein guter BDEW Kongress aus?
Der BDEW Kongress ist in meinen Augen dann besonders stark, wenn die Teilnehmenden in die Praxis eintauchen, Fragen aufwerfen und gemeinsam im Austausch neue Antworten finden. Für uns als Hersteller von Technologien für den Smart Meter Rollout ist zudem der konkrete Austausch mit Kunden und Partnern aus der Energiebranche vor Ort wichtig.
Der BDEW-Kongress setzt außerdem wichtige Impulse. "Gemeinsam einfach machen" – so lautet das diesjährige Motto. Und darum geht es: Die konkrete Umsetzung muss jetzt angegangen werden. Das gelingt nur gemeinsam. Ob es wirklich einfach wird, das werden wir sehen. Aber das kennen wir vom Smart Meter Rollout: Wir nähern uns Schritt für Schritt der Umsetzung – auch wenn es manchmal schwierig ist. Entscheidend ist es, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Warum sind Sie auch in diesem Jahr wieder Partner der Nachwuchsinitiative auf dem BDEW Kongress?
Als langjähriger Partner der Nachwuchsinitiative auf dem BDEW Kongress setzen wir auch in diesem Jahr wieder auf diese wichtige Zusammenarbeit. Die Initiative bietet eine tolle Gelegenheit, junge Talente gezielt zu fördern und für die vielfältigen Herausforderungen in der Energiewirtschaft zu begeistern. Unser Engagement zeigt unser langfristiges Bekenntnis zur Entwicklung der nächsten Generation von Fachkräften in der Branche.
Was sind die größten Herausforderungen für Suchende auf beiden Seiten?
Eine große Herausforderung besteht darin, dass viele Suchende möglicherweise nicht alle vielfältigen Karrieremöglichkeiten in der Energiewirtschaft erkennen, die über traditionelle Tätigkeitsbereiche wie Ingenieurwesen hinausgehen. Unternehmen könnten ihre Bemühungen verstärken, um aufzuzeigen, wie auch Positionen in Bereichen wie Projektmanagement, Unternehmensentwicklung, Kundenbetreuung oder öffentliche Beziehungen einen bedeutenden Beitrag zur gesellschaftlichen Verantwortung von Energieunternehmen leisten. Diese Positionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Energiewende, der Wärmewende und der Dekarbonisierung unserer Gesellschaft, indem sie innovative Lösungen entwickeln, erneuerbare Energien fördern und nachhaltige Praktiken in der gesamten Branche vorantreiben. Durch eine breitere Palette von Karrieremöglichkeiten könnten mehr Nachwuchskräfte dazu ermutigt werden, ihre Fähigkeiten und Interessen in der Energiewirtschaft einzubringen, und gleichzeitig könnten Energieunternehmen von einer vielfältigeren Arbeitskraft profitieren.
Gibt es aus Ihrer Sicht "einfache" Antworten, um Nachwuchs zu finden?
Aus unserer Sicht gibt es keine "einfachen" Antworten, um Nachwuchs zu finden, da die Herausforderungen vielschichtig sind und verschiedene Ansätze erfordern. Es bedarf einer ganzheitlichen Strategie, die Bildungsinitiativen, gezielte Ausbildungsprogramme, Praktika, Mentoring und eine attraktive Arbeitsumgebung umfasst. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Behörden ist entscheidend, um die Bedürfnisse beider Seiten zu verstehen und effektive Lösungen zu entwickeln.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema "Stromverteilnetze: Drehscheibe oder Engpass der Energiewende?" entschieden?
Die Energiewende ist eines der drängendsten Themen dieser Zeit und steht bei uns weit oben auf der Agenda. Deutschland ist unter den Vorreitern im Umbau des Energiesystems hin zu einer CO2-neutralen Energieversorgung.
Bei den Stromverteilnetzen und deren Betreibern ist in den letzten Jahren viel passiert. Wir beobachten zunehmend Digitalisierungs- und Transformationsbestrebungen. Die Verteilnetzbetreiber stehen jedoch immer noch am Anfang der Transformationswelle, deren Höhepunkt wir voraussichtlich im Jahr 2028 erwarten.
Für eine gelungene Energiewende müssen alle Netzanschlussteilnehmenden einem neuen, digitalen und flexiblen Energieversorgungssystem angehören. Als eines der führenden Beratungsnternehmen für die digitale Transformation weltweit, wollen wir dabei unterstützen.
Was sind die größten organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen diesem Bereich?
Wir sehen aktuell einen signifikanten Anstieg bei der Anzahl von Netzanschlussanfragen im Verteilnetz. Dieser Trend wird anhalten und zu weiterem Aus- und Umbaubedarf im Netz führen. Mit der Einführung des §14a EnWG ergibt sich ergänzend die Möglichkeit, Verbraucher netzdienlich zu steuern, um den Netzausbaubedarf meistern zu können. Dies erfordert eine komplett neue Kommunikations- und Steuerungsinfrastruktur für die Netze sowie für diese Anschlussteilnehmer.
In Summe ist es eine Mammutaufgabe, die Stromverteilnetze auf Ihre neue Rolle als vernetzendes Element für Flexibiltäten bzw. als Flexibiliätspool vorzubereiten und die stetig wachsenden Kundenanforderungen zeitnah bedienen zu können, ohne Versorgungsqualiät und Sicherheit zu gefährden.
Organisatorisch müssen die beteiligten Unternehmen dazu ihren Generationenwechsel meistern, die Personalstärke in verschiedenen Bereich weiter erhöhen, Fähigkeiten anpassen und parallel eine bessere Gesamteffizienz in allen Prozessen erzeugen. All das geht nur mit dem wirklichen Willen zu Veränderung sowie einer durchgängigen Digitalisierung und Datenzentrierung.
Welche neuen Wettbewerber aber auch neue Geschäftsmodelle ergeben sich für die Netzbetreiber?
Der Aus- und Umbau der Stromverteilnetze ist finanziell eine große Herausforderung. Viele Netzbetreiter sind daher bemüht, die vorhandenen Fähigkeiten auch im nicht regulierten Markt anzubieten, um dem steigenden Effizienz- und Kostendruck der BNetzA begegnen zu können. Hiermit begiebt man sich natürlich in wettbewerbliche Situationen mit lokalen Anbietern ähnlicher Leistungen. Der Netzbetrieb selbst ist und bleibt ein reguliertes Monopol und der Wettbewerb findet hier weiterhin im Konzessionsumfeld statt. Auch hier ist hohe Effizienz sicherlich förderlich.
Für das nicht regulierte Umfeld erkennen wir großes Interesse, zunehmen auch von der Automobil- und Telekommunikationsindustrie, die die Kunden auch gut kennen und diesen Zugang monetarisieren werden. Zudem sehen wir, dass der sehr liquide deutsche Strommarkt und die Möglichkeit zur Nutzung von Flexibilitäten auch internationale Energieversorgungsunternehmen anziehen.
Warum haben Sie sich für eine Partnerschaft zum Thema „Stromverteilnetze, Drehscheibe oder Engpass der Energiewende“ entschieden?
Die beschleunigte Energiewende bedeutet für unsere Wirtschaft und Gesellschaft eine historische Transformation. Die Stromnetze – insbesondere die Verteilnetze – sind die zentrale Infrastruktur der Energie-, Wärme- und Verkehrswende. Deshalb muss der Netzausbau führend bei der Umsetzung der Energiewende sein. E.ON investiert in den nächsten 5 Jahren 25 Mrd. Euro in die deutschen Netze und baut diese in historischem Tempo aus. Ich freue mich, im Rahmen des BDEW-Kongresses einen Einblick zu geben, wie wir mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien, Wärmepumpen sowie Ladeinfrastruktur mithalten.
Was bedeuten die Klimaziele für die Stromverteilnetze?
Die Auswirkungen der beschleunigten Energiewende merken wir bereits heute deutlich in unseren E.ON-Netzen. Als Netzbetreiber setzen wir alles daran, die Energiewende möglich zu machen und Erneuerbare und Verbraucher schnellstmöglich anzuschließen. Im letzten Jahr haben wir dabei zahlreiche Herausforderungen gemeistert und einige wichtige Meilensteine erreicht: In Deutschland wurde beispielsweise die einmillionste erneuerbare Energien Anlage an unser E.ON-Verteilnetz angeschlossen. Eine Leistung, die wir über einen Zeitraum von 15 Jahren erbracht haben! In nur sieben Jahren sollen nun weitere 3 Millionen Erneuerbare an unser Netz gehen – dazu kommen noch weiter 3 Millionen dezentrale Verbraucher. Die Reserven, die wir in der Vergangenheit im Netz hatten, sind nahezu ausgeschöpft. Es bedeutet eine nationale Kraftanstrengung für alle Beteiligte, die Netze in noch nie dagewesenem Tempo auszubauen und zu verstärken.
Wie begegnen Sie den neuen Anforderungen an die Verteilnetze?
Wir bei E.ON arbeiten mit Hochdruck daran Netzanschlüsse schnell bereitzustellen. Wir vereinfachen, digitalisieren und automatisieren unsere Prozesse konsequent. Beim Anschluss neuer Verbraucher mit hohem Leistungsbedarf – beispielsweise Supercharger – arbeiten wir zudem an neuen technischen Lösungen, um die Integration an das vorhandene Stromnetz schneller zu ermöglichen.
Netzausbau ist und bleibt weiterhin das Gebot der Stunde. Auch hier versuchen wir durch neue Standards einen schnelleren und flexibleren Netzausbau zu forcieren. Wir Verteilnetzbetreiber „können“ Energiewende! Wir haben die Erfahrung der letzten 20 Jahre. Die Herausforderung ist jedoch das Tempo – und das hängt nicht nur von uns ab. Netzausbau ist eine Verantwortungsgemeinschaft. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, wird das Generationenprojekt Energiewende gelingen.